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■ KommentarAre you ready to RUCK?

Sonnabend, 13 Uhr. Ulrich Chaussy, der Rudi-Biograph, und Christian Semler, SDSler und zeitweiliger Stalin-Fan, halten Elogen auf Rudi Dutschke, der an diesem Ort, Ku'damm/Joachim-Friedrich-Straße, vor 30 Jahren um 17 Uhr von Josef Bachmann, dem Bild-Leser aus der Lüneburger Heide, angeschossen wurde. Bachmann wollte nach eigenem, posthum bekanntgewordenem Bekenntnis, einen „neuen Hitler“ verhindern. Für mich war Rudi natürlich Rudi und nicht etwa Adolf. Mir hatte er kurz vorher noch, anläßlich des Vietnamkongresses, die Verwaltung der Knete zugeschanzt, mit der wir das Che- Guevara-Institut, das später INFI genannte revolutionäre Forschungsinstitut, finanzieren wollten. Am Attentatsabend erwartete ich Rudi in den neu angemieteten Institutsräumen am Ku'damm 52 zum Anstreichen. Anstreicher Josef wollte es anders.

Ich bekenne, mit den Schüssen änderte sich für mich die Welt. Das INFI verfehlte ohne Rudi den angestrebten Zweck. Der ebenfalls bereits verstorbene Jürgen Horlemann übernahm Rudis Rolle, mißbrauchte sie jedoch, um zusammen mit Semler die Gründung der stalinistisch-maoistischen KPD/AO vorzubereiten. Ich beschloß, keinen Rudi mehr zu benötigen, und wurde Kommunarde, Haschrebell und verschwand im Blues.

Als Verbindungsmann des Untergrunds zum anarchistischen Wochenblatt 883 erreichte mich 1970 ein Brief unseres letzte Woche frisch dahingeschiedenen Ede, alias Dieter Kunzelmann, aus Damaskus. Er rief uns zur propalästinensischen Revolution auf, mit der Bitte, den Text in 883 abzudrucken. Er wurde gesucht und meinte, in „Damaskus“ wäre er sicher. Kurz darauf fand ihn die Polizei dennoch im realen Berlin und steckte ihn in den ebenso realen Knast. Das jetzt gewählte Exil im Hades ist kaum sicherer als die syrische Hauptstadt. Dieter weiß das und bereitet deshalb seine Wiederauferstehung zum geschichtsträchtigen Jahrestag vor.

Dieter, du Furchtloser, nimm teil an unserer großen Siegesfeier im Sommer. Bundespräsident Herzog wird dich begnadigen, ist er doch bereits zum Schirmherrn unseres Festivals avanciert: „Ein Ruck muß durch Deutschland gehen“. Günter Langer

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