■ Kommentar: Keine Dreigroschenoper
Die Empörung der Kulturverwaltung über das Defizit der Deutschen Oper von fast 20 Millionen Mark wirkt scheinheilig. Schließlich hat Kultursenator Radunski seit langem Kenntnis vom Schuldenberg, den die Institution in den letzten Jahren angehäuft hat. Man gewinnt den Eindruck, der Kultursenator versuche, den Schwarzen Peter an den Generalintendanten Götz Friedrich weiterzureichen, bevor er selber für Versäumnisse bei der Aufsicht über das teure Haus verantwortlich gemacht wird.
Das soll die Verantwortung nicht schmälern, die Götz Friedrich für das Defizit und damit für die weitere Existenz seines Hauses hat. Der Generalintendant, in langen Jahren des geteilten Berlins daran gewöhnt, daß der Oper an der Bismarckstraße alle Wünsche erfüllt werden, hat auf die Sparauflagen immer nur mit Unwillen reagiert. Die beiden Opern im Ostteil haben dagegen die neuen Herausforderungen ernster genommen und trotzdem an künstlerischer Qualität gewonnen.
Der falsche Weg aber wäre es, mit Hinweis auf die beiden anderen Häuser nun der Oper an der Bismarckstraße einfach den Geldhahn zuzudrehen. Das entspräche zwar dem verrohten Stil hierzulande, auf jährlich zu sparende 80 Millionen Mark hinzuweisen. Mit Kulturpolitik aber hätte das nichts zu tun. Eine Stadt wie Berlin kann durchaus drei Opernhäuser vertragen. Niemand sage, daß man nicht auch mit 80 Millionen Mark jährlicher Staatshilfe ein Haus jenseits einer Dreigroschenoper betreiben kann. Das aber setzt voraus, daß die Kulturverwaltung ihre Führungsaufgaben sehr viel ernster nimmt als bisher und auch den entsprechenden Druck ausüben muß, damit strukturell Ausgaben reduziert werden. Ob das mit Götz Friedrich geht oder nicht, wird sich zeigen. Dieser Preis aber wäre tragbar. Gerd Nowakowski
Bericht Seite 23
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