■ Kommentar: Schönbohm in Deckung
Immer wenn die Lage brenzlig wird, muß CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky ran. So sind dessen Äußerungen, daß Innensenator Schönbohm keinerlei Schuld an der Geheimdienstpanne um die Fehleinschätzung eines Scientology-Verdachts trifft, als Indikator dafür zu werten, daß der Parteikollege mächtig unter Druck gerät. Zumal Landowsky kein großer Freund von Schönbohm ist.
Auch Schönbohm selbst erscheint es opportun, die Verantwortung für die Blamage dem Verfassungsschutz zuzuschieben. Dabei ist es sonst nicht die Art des Ex-Generals, in Deckung zu gehen. Es ist zugleich ein Anzeichen für Schönbohms mangelnden politischen Instinkt. Denn mit einer Umstrukturierung der Behörde ist die Affäre nicht bereinigt. Im Verfassungsschutzausschuß wird sich der Innensenator fragen lassen müssen, warum der Geheimdienst den Verdacht in einer Rekordzeit von acht Tagen vorschnell bestätigte. Wurde von der Innenverwaltung Druck gemacht, schnell ein Ergebnis zu präsentieren? Oder ließ man sich im Eifer, erstmals einem – vermeintlichen – Scientologen in einer polizeilichen Führungsposition die Unterwanderung der Behörde nachzuweisen, trotz dürftiger Beweislage zu voreiligen Schlüssen verleiten? Daß ein Polizeibeamter aufgrund von anonymen Briefen und der Aussage eines V-Mannes vom Dienst suspendiert wurde, ist alarmierend.
Keine Frage, das schlampige und dillettantische Vorgehen des Verfassungsschutzes ist Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker. Doch mit der Weigerung, die politische Verantwortung zu übernehmen, könnte sich Schönbohm am Ende in noch größere Bedrängnis bringen. Dorothee Winden
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