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KommentarWas ist der Skandal?

■ Zum Protest gegen die Rep-Zentrale in Pankow

Hat sich nun das Blatt gewendet? Vorbehaltlich der endgültigen Klärung der Eigentumsverhältnisse auf den Grundstücken Berliner Straße 126 bis 128 in Pankow, ungeachtet auch des zu DDR-Zeiten vorgenommenen Neuzuschnitts der Flurstücke, ist nicht mehr auszuschließen, daß die künftige Bundesgeschäftsstelle der „Republikaner“ in ein Gebäude zieht, das sich nie in jüdischem Besitz befand.

Wäre in diesem Falle der ganze Protest umsonst gewesen? Hätten die Medien, hätte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde gegen die Sorgfaltspflicht gehandelt, weil der Wahrheitsgehalt einer Nachricht nicht nachgeprüft wurde? Wer hätte zu welchem Zeitpunkt womöglich fahrlässig gehandelt und Wasser auf die Mühlen von Martin Walser oder den „Republikanern“ geschüttet?

In der Tat war das Thema Reps und jüdische Villa seit dem Wochenende zu einem medialen Selbstläufer geworden. Nachdem der Pankower Baustadtrat Andreas Bossmann Ende letzter Woche den Startschuß gegeben hatte, wurde der „Einzug der Reps in die Villa Garbaty“ spätestens mit der von den Medien schnell bestellten Stellungnahme von Andreas Nachama zum Skandal. Die „Republikaner“ selbst erklärten zunächst, sie hätten nichts von ehemals jüdischem Besitz gewußt, meinten dann aber, das würde am Einzug der Geschäftsstelle auch nichts ändern. Die Geschichte war „perfekt“ zum bundesweiten Thema geworden, über das selbst die „Tagesthemen“ berichteten.

So sehr die Dynamik der Skandalisierung im einzelnen auch zu hinterfragen sein mag – politisch kann man diese Fragen auch anders stellen. Hätte der Protest auch Wellen geschlagen, wenn die Reps nicht in die „Villa Garbaty“, sondern in irgendein Gebäude gezogen wären? Und warum hat sich in Steglitz, an der bisherigen Geschäftsstelle der organisierten Rechtsradikalen, kein Protest geregt? Was ist eigentlich Skandal, was skandalöser Alltag?

Diese Fragen werden nun, im schrittweisen Rückzugsgefecht, nur noch schwer zu beantworten sein. Eine Debatte darüber ist allerdings, das zeigt der Pankower Fall, dringender denn je. Uwe Rada

Bericht Seite 20

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