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KommentarDoppelpaß jetzt

■ Wer den Bürgerstaat in Deutschland will, muß auch um ihn kämpfen

Da haben sie es nun, die Rot-Grünen: Nicht nur die Landtagswahlen in Hessen sind verloren. Nein, zudem ist auch noch die bequeme Mehrheit im Bundesrat dahin! Und das alles nur wegen der AusländerInnen, die die Koalition unbedingt zu Deutschen machen will... Wen wundert es, wenn in Bonn nun flugs der eine oder die andere PolitikerIn von den bis dato scheinbar unumstößlichen Plänen zur Doppelstaatsbürgerschaft abrückt?

Mich wundert es. Denn bei dem Gesetzesvorhaben geht es nicht nur um Gerechtigkeit, also die längst anstehende Gleichberechtigung von knapp drei Millionen Langzeit-Gastarbeitern und deren Familien mit ihren abstammungsdeutschen Nachbarn und Kollegen. Vielmehr geht es um die Frage, für welches Staatsmodell sich die neue, vereinigte Bundesrepubik in Zukunft entscheidet. Zur Auswahl stehen das osteuropäisch-völkische Modell, demnach die Deutschen eine Abstammungsgemeinschaft sind. Dies gilt hierzulande seit 1913 und hat seitdem millionenfaches Unglück nicht nur über die Deutschen, sondern über alle Europäer gebracht.

Auf der anderen Seite steht das westlich-bürgerliche Staatsmodell einer Republik, die Beitritte erlaubt und damit auch demographische Veränderungen bewußt zuläßt. Angesichts dieser historischen Frage müssen sich diejenigen, die jetzt, nach dem hessischen Debakel, schnell den rot-grünen Kurs in Sachen Staatsbürgerschaft ändern wollen, die Frage erlauben lassen, ob sie wirklich wissen, was sie tun. Schließlich ist es nicht der Fehler der rot-grünen Bundesregierung, Deutschland – mit über 80 Jahren Verspätung – endlich an westeuropäische Standards heranzuführen. Rot-Grün sollte aber auch dafür kämpfen, und zwar in den Parlamenten und auf der Straße.

Der Doppelpaß – und damit erstmalig seit der Gründung des Deutschen Reiches 1870/71 der Einstieg in einen Bürgerstaat auf deutschem Boden – muß jetzt durchgeboxt werden. Und zwar ohne Rücksicht auf etwaige Wahlverluste.

Sollte die rot-grüne Regierung das nicht mehr tun wollen, so sind wir Bürger gefragt. Die Straße gehört noch nicht der CDU/CSU. Die Frage, auf welches Staatsmodell sich das vereinigte Deutschland zubewegt, ist zu wichtig, um sie rechtsnationalen Kampagnen und Politikern, die nach Hessen um ihre eben errungenen Posten fürchten, zu überlassen. Rüdiger Rossig

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