Kommentar: Kumpane der Macht
■ Warum Regierungsfraktionen von einer Kommission nicht zu reformieren sind
Es lässt sich gewiss trefflich streiten über so manches, was die Kommission zur Arbeit der Hamburger Bürgerschaft empfiehlt. Die Reduzierung der Abgeordnetenzahl zum Beispiel, die Option zwischen Vollzeit- und Halbtags-Volksvertreterei, die Höhe von Diäten ohnehin.
Auch über Wahlkreise bei Bürgerschaftswahlen mag mensch sich die Köpfe heiß diskutieren. Zum Beispiel darüber, ob der Kampf um Direktmandate ein Nachteil für kleine Parteien sei oder zu größerer Bürger-Bürgerschafts-Bindung führe. Andererseits wird jede Landesliste von der parteiinternen Vie-rerbande Klüngel, Filz, Proporz und Quote zusammengemauschelt. Da ließe sich manches demokratisieren.
Nicht streiten aber lässt sich darüber, dass ein leitender Angestellter einer Senatsbehörde zugleich Vize-Chef einer Parlamentsfraktion ist. Obwohl der Betreffende als persönlich integer gilt – so etwas darf nicht möglich sein. Die strikte Trennung von öffentlicher Funktion und Mandat ist eine Grundfrage der politischen Hygiene.
Und über die Herablassung vieler SenatorInnen gegenüber dem Parlament kann es auch keine zwei Meinungen geben. Daran aber ändert keine Kommission etwas, denn sie kann die Ursache nicht beseitigen: ParlamentarierInnen, deren Parteifreunde sich ministerieller Würden erfreuen, unterliegen dem irrigen Selbstverständnis, sie hätten Kumpane, nicht Kontrolleure der Mächtigen zu sein.
Dafür gibt es eigens einen ebenso reformresistenten wie in sich widersprüchlichen Begriff: Regierungsfraktionen.
Sven-Michael Veit
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