piwik no script img

KommentarSchäuble, der Aussitzer ■ Der CDU-Chef bleibt – aber er kann nichts mehr tun

Die Lage der CDU ist so verfahren, dass die Partei tun kann, was sie will – nichts wird ihr so richtig helfen. Es ist wie im Märchen mit dem Hasen und dem Igel: Wohin und wie schnell auch immer die Christdemokraten laufen, die Krise ist schon da.

Wäre Wolfgang Schäuble gestern als CDU-Vorsitzender zurückgetreten, hätte er den Weg frei gemacht. Aber keiner in der Partei hätte so genau gewusst, welchen. Jetzt also bleibt Schäuble. Aber dass dies ein Ausweg aus der Krise sein soll, davon ist in der CDU niemand überzeugt. Nicht einmal eine Spende von 100 Millionen Mark in bar könnte die Partei zu so viel Optimismus verleiten.

Man darf getrost annehmen, dass die CDU eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn es eine überzeugende Alternative für den Parteivorsitz gäbe. Aber in den Reihen der Christdemokraten lauert ja nicht einmal ein schwarzer Oskar Lafontaine, der sich mit dem Segen der Partei an die Spitze putschen könnte. So muss Schäuble bleiben, weil er nicht gehen kann. Die CDU-Führung glaubt offenbar daran, ihr Parteivorsitzender sei jetzt der letzte Garant dafür, dass der ganze Laden nicht auseinanderfliegt.

Da könnte die Partei ja gleich an die Wiedergeburt von Konrad Adenauer glauben. Schäuble selbst ist doch viel zu stark in die Spendenaffäre verstrickt. Seine Autorität und seine Glaubwürdigkeit sind nach seinen halbherzigen Geständnissen und seinen Lügen schwer angeschlagen. So einer taugt weder als Chefaufklärer der Partei noch als ihr erster Erneuerer. Und weil das so ist, bekommt die CDU keinen festen Boden unter die Füße. Da ist es egal, ob sich der Parteivorstand hinter Schäuble stellt oder nicht. Da hilft es nichts mehr, dass die CDU-Führung – für ihre Verhältnisse ja fast schon mutig – mit ihrem Übervater Helmut Kohl bricht. Was nützt der CDU die Entscheidung eines innerparteilichen Machtkampfes, wenn sich die beiden Lager gemeinsam im freien Fall befinden und nur noch die Frage zu klären ist, wer zuerst auf dem Boden aufschlägt?

Wolfgang Schäuble wird seiner Partei keinen Dienst mehr erweisen können. Sein Festhalten am CDU-Vorsitz gaukelt den Christdemokraten Bewegung vor, wo nur noch hilfloses Erstarren ist. Auch wenn keiner so genau weiß, worin die letzte Chance der CDU nach Schäuble besteht – sie muss sie nutzen. Jens König

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen