Kommentar: Ach so, nur 12 Millionen ■ Immer neue Enthüllungen stumpfen die Wähler ab
Spekulationen über eine Spaltung ihrer Partei werden von CDU-Politikern energisch zurückgewiesen. Diese Beteuerungen sind ebenso überzeugend wie überflüssig. Eine Partei spaltet sich, wenn tief greifende Meinungsunterschiede in ihren Reihen nicht mehr zu überbrücken sind – aber nicht, wenn ohnehin niemand weiß, wie es weitergehen soll.
Es ist dennoch nicht erstaunlich, dass dem Thema breiter Raum gewidmet wird. Noch ist das Interesse an der Spendenaffäre hoch, noch schreit das Publikum nach weiteren Sensationen. Das wird sich geben. Vermutlich schon bald – und zwar gerade deshalb, weil der Spendenskandal ein viel größeres Ausmaß erreicht hat, als selbst Zyniker das für möglich gehalten hatten. Nach allen Hiobsbotschaften liegt die Latte für Entsetzen inzwischen sehr hoch. Eine Mitteilung wie die von gestern, dass die Herkunft von 12 Millionen Mark ungeklärt ist, erzeugt kaum noch mehr als ein müdes Achselzucken. Ach so, nur 12 Millionen.
Wenn nicht substanziell neue Informationen ans Tageslicht kommen – wie etwa der konkrete Nachweis, dass die Regierung Kohl sich tatsächlich hat schmieren lassen –, dann ist es gut möglich, dass die CDU unter dieser hohen Messlatte der Erwartungen am Ende bequem wird durchschlüpfen können. Eine kleine Änderung der internen Struktur, das Gelöbnis der Besserung und das Vertrauen auf das kurze Gedächtnis der Bevölkerung: das mag reichen. Manches spricht dafür, dass der Skandal, der angeblich derzeit die Republik in ihren Grundfesten erschüttert, mittelfristig ähnlich geringe Wirkung zeitigen wird wie die Flick-Affäre.
Sollte es so weit kommen, dann wäre das auch die Schuld der SPD. Umfragen zeigen, in welch dramatischem Ausmaß das Vertrauen der Bevölkerung in alle Parteien und in die politische Klasse insgesamt mittlerweile geschwunden ist. Eine grundlegende Neuordnung der Parteifinanzen könnte ein Weg sein, Vertrauen zurückzugewinnen. Aber es gibt bisher keinerlei Hinweise darauf, dass die SPD bereit wäre, daran mitzuwirken. Im Gegenteil: Wieder und wieder betont deren Führungsspitze, darunter auch der Bundeskanzler, es handele sich bei der Affäre nicht um eine Staatskrise, sondern ausschließlich um eine Krise der CDU. Im Zusammenhang mit dem Finanzskandal wird gerade eine Chance verpasst. Parteiübergreifend. Bettina Gaus
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