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Kommentar zur Grenzsicherung in CalaisNoch höhere Zäune?

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Die EU-Millionenhilfen machen es nicht besser: Die Eskalation der Abschreckung am Ärmelkanal wird das Elend der Flüchtlinge verschlimmern.

Lebensgefahr: Ein Zaun in Calais in der Nähe vom Tunneleingang. Foto: Reuters

D as Flüchtlingsproblem in Calais wird endlich von der EU zur Kenntnis genommen. Doch nicht, weil permanent 3.000 Menschen in diesem Engpass am Ärmelkanal stranden und unter skandalösen Bedingungen warten müssen, bis sie es trotz aller Hindernisse nach Großbritannien schaffen. Der wahre Grund der Reaktion aus Brüssel ist das Klima, das wegen der Situation in Calais zwischen London und Paris vergiftet wird.

Für den vermeintlichen Beitrag zur Entspannung lässt die EU nun problemlos ein paar Dutzend Millionen Euro springen. Was soll mit diesem Geld finanziert werden? Noch höhere Zäune, tiefere Gräben, elektronische Schranken, mehr Polizisten? Die letzten Monate haben in tragischer Weise bewiesen, dass damit nur die Risiken für die Migranten steigen.

Der Fluchtweg von Calais nach Dover wird zu einer politischen Reise nach „Absurdistan“. Eine wirkliche, das heißt für alle Beteiligten befriedigende Lösung hat niemand. Letztlich gäbe es freilich zwei radikale Auswege: Entweder Frankreich lässt die Migranten, die nicht bleiben wollen, durchreisen. Eigentlich wäre es nicht an Frankreich, für die Briten, die sich nicht dem Schengen-Abkommen anschließen wollten, die Grenzen zu kontrollieren. Diese undankbare Aufgabe übernahm Frankreich aber mit dem Abkommen von Touquet von 2003.

Das könnte, wie dies jetzt demagogische Oppositionspolitiker in Nordfrankreich fordern, aufgekündigt werden. Das wäre ein Affront gegenüber den Briten. Die zweite ebenso drastische Maßnahme könnte sein, dass Großbritannien systematisch alle Migranten aus Calais über den Ärmelkanal zurück abschiebt. Dann wären die Franzosen stinksauer.

So drohen Frankreich und Großbritannien unter dem Druck von Populisten je mit politisch unmöglichen Kurzschlusshandlungen. Für die Migranten aber planen sie eine Eskalation der Abschreckungspolitik, die das Elend für die Flüchtlinge und die Schande für Europa nur vergrößert.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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2 Kommentare

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  • 1. Es gibt kein Grund- oder Menschenrecht auf illegale Einreise in ein Land, dessen Staatsbürger man nicht ist.

     

    2. Jedes Land hat das Recht, selbst zu bestimmen, welchen Ausländern es zu welchen Bedingungen (Pass, Visum usw.) Zutritt gewähren will. Das ist Völkerrecht und nennt sich Staatssouveränität.

     

    3. Wer in Frankreich (und zuvor in Italien usw.) war oder ist, kann dort problemlos Asyl beantragen, wenn er denn verfolgt ist. Einer Weiterreise in ein anderes EU-Land bedarf es nicht. Benötigt er soziale Unterstützung, so möge er sich an die Auslandsvertretung seines Heimatlandes wenden.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    "und die Schande für Europa"

     

    Das kann man nicht oft genug schreiben. Denn auf allen Seiten herrscht eine Gewöhnung durch die ständige, aber ausgenüchterte Medienberichterstattung, die sich so inszeniert, als sei es ein Problem, das es hier zu lösen gelte. Und eine Mehrheit meint: Wenn möglich, dann aber durch Abschottung. Ich erinnere mich der Diskussion über die europäische Wertegemeinschaft. Und hier haben wir nun deren Ausgang: Dass wir durchaus eine sind. Und was für eine. Eine der Unmenschlichkeit, der Verantwortlungslosigkeit, der Schande! Wo ist der europäische oder globale Gipfel? Wo sind die sicheren Fluchtkorridore? Wo sind die transparenten und fairen Strukturen für "die Verteilung"? Wie kann sich ein deutscher Politiker vor dem Hintergrund deutscher Geschichte hinstellen und von "Willkommenszentren" fabulieren? Und all das ist kein Skandal. Und eben das ist es, was die Schande ausmacht. Nicht, dass es überall Menschen gibt, die sich zum Herold des Ressentiments machen. Sondern die Gleichgültigkeit und Ignoranz der Mehrheit im Angesicht des Elends.