Kommentar zur CDU-Personalpolitik: Die bessere Mischung
Burkard Dregger, konservativer Innenpolitiker der Berliner CDU, kann als Fraktionschef das Parteispektrum mehr erweitern als der als liberal geltende Ex-Senator Mario Czaja.
Burkard Dregger also. Wer nur auf die Fraktionsspitze der CDU schaut und ihre sonstige Führungsstruktur außer Acht lässt, könnte einen Roll-Back-Kurs in dem sehen, was Parteichefin Monika Grütters im Haus der Parlamentarischen Gesellschaft auf den Weg gebracht hat.
Dregger verkörpert schon rein äußerlich den preußisch-korrekten Konservativen und trägt das Erbe seines durchaus noch konservativer eingeordneten Vaters mit sich, des früheren langjährigen Bundestagsfraktionschefs. Dieser Blickwinkel ist aber zu eng.
Denn die Berliner CDU-Spitze besteht aus mindestens drei Personen: der Vorsitzenden, dem Generalsekretär und eben dem Fraktionschef. Monika Grütters konnte schon vor Jahren über sich lesen, sie sei das „liberale Feigenblatt“ der CDU, Stefan Evers als Generalsekretär verkörpert offen schwul lebend modernes Großstadtleben.
Der ebenfalls als liberal etikettierte Czaja hätte da zusätzlich nur seine Verwurzelung im Osten der Stadt einbringen können, wo er als einziger Berliner Christdemokrat einen Wahlkreis gewonnen hat.
Dregger hingegen erweitert das Spektrum des Duos Grütters/Evers deutlich. Er, der Innenpolitik-Experte, kann über seine neue Funktion der CDU mehr Zulauf im konservativen Spektrum verschaffen.
Dort hat vor einem Jahr auch Evers auf sehr misslungene Weise zu punkten versucht, als er den Innensenator drängte, in der Rigaer Straße „ein Nest von Linksfaschisten“ auszuräuchern. Diese Wortwahl war nicht nur äußerst unglücklich, sonderlich auch wenig glaubhaft bei dem sonst kultiviert daherkommenden Evers. Dregger, der korrekte Rechtsanwalt, hat eine solche Wortwahl nicht nötig, um als Law-and-order-Stimme rüberzukommen.
Nicht wegzudiskutieren ist dabei, dass Czaja der eloquentere, charismatischere Fraktionschef wäre. Als er, über Monate abgetaucht, Ende 2016 seine erste große Rede nach seinem Abgang als Senator hielt, war das ein besonderer Moment im Parlament. Diese Ausstrahlung fehlt Dregger.
Czaja ist aber auch zu schlau, die Einigung in der Parlamentarischen Gesellschaft zu hintertreiben. Er ist elf Jahre jünger als Dregger: Er kann also warten.
Die scheinbar Unterlegene bei einem anderen berühmten gewordenen morgendlichen CDU-Treffen, dem „Wolfratshauser Frühstück““ um die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl 2002, hielt damals ebenfalls die Füße still. Sie war nur drei Jahre später dennoch am Ziel – und ist bis heute Kanzlerin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!