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Kommentar zur Anti-Sexismus-InitiativeGemeinsam gegen Grapscher

Sibel Schick
Kommentar von Sibel Schick

Damit die Erfahrungen benachteiligter Frauen und Trans wichtig werden, musste erst die Betroffenheit privilegierter Frauen Thema werden.

#MeToo-Demonstration im Dezember 2017 vor einem Trump-Hotel Foto: reuters

F rauen aus Hollywood verkündeten am Montag mit einer Anzeige in der New York Times die Gründung ihrer Initiative Time’s Up – die Zeit ist reif. Mehr als 300 Künstlerinnen und Produzentinnen aus Film, Fernsehen und Theater treten für Geschlechtergleichheit ein und sammelten bisher mehr als 13 Millionen US-Dollar an Spenden.

Die Aktion soll Betroffenen von sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz in schlechter bezahlten Bereichen Schutz und Rechtsbeistand geben. Das Ganze begann mit einem offenen Brief im September 2017, verfasst von Landwirtinnen, die ihre Solidarität mit den sexuell belästigten Frauen aus Hollywood ausdrückten: „Auch wenn wir in sehr unterschiedlicher Umgebung arbeiten, teilen wir eine gemeinsame Erfahrung.“

Die „MeToo-Debatte“ hat den Punkt erreicht, an dem sie mit typischen Mustern des weißen Feminismus bricht: Ein heteronormativer Feminismus der oberen Mittelschicht, die dieselbe Stellung anstrebt wie die Männer ihrer eigenen Schicht, ohne die spezifische Betroffenheit von Migrantinnen, Arbeiterinnen, Intersex und Transgender-Personen mit in den Blick zu nehmen.

Das Nachrichtenmagazin Time Magazine ging mit gutem Beispiel voran und interviewte unter anderem eine mexikanische Erdbeerpflückerin und eine Krankenhausangestellte, als es die Menschen hinter der #MeToo-Kampagne zur Person des Jahres 2017 wählte. Die Initiative Time’s Up folgt dem nach, auch mit einem Aktionsplan zur Ermächtigung von LGBTIQs.

Damit auch über die Erfahrungen von benachteiligten Frauen und Trans diskutiert werden kann, musste offenbar erst über die Betroffenheit der privilegierten Frauen diskutiert werden. Dass die Erfahrungen nicht so unterschiedlich sind – dass sowohl in Hollywood als auch auf dem Erdbeerfeld der mächtige Arbeitgeber sexualisierte Gewalt ausübt, tyrannisiert und erpresst, war offenbar nicht gleich klar. Jetzt ist die Zeit aber reif – und sie wird zeigen, wie umsetzbar und zugänglich die Angebote von Time’s Up sind.

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1 Kommentar

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  • "Damit auch über die Erfahrungen von benachteiligten Frauen und Trans diskutiert werden kann, musste offenbar erst über die Betroffenheit der privilegierten Frauen diskutiert werden."

     

    Das ist das Entlarvende an der Aufdeckung, die ich im Prinzip gutheiße:

    Privilegierte klagen an, obwohl wahrscheinlich in vielen Fällen eine Art "Korruption" vorgelegen hat (s. Telepolis: https://www.heise.de/tp/features/Quid-pro-quo-Niemand-muss-bei-Deals-a-la-Weinstein-mitspielen-3928730.html).

     

    Nun entdeckt man die "Unterprivilegierten" ...

    Eine Farce sondergleichen, die eine neoliberale Haltung in Reinkultur offenbart. Und die TAZ gerne mittendrin.

     

    Vorher nachzudenken wäre der TAZ und ihrer Mann-/Frauschaft anzuraten.