Kommentar zur AfD in Berlin: Es wird Zeit, die AfD anzugreifen
Die AfD landet in einer Umfrage bei 7 Prozent und wird damit relevant für den Wahlkampf. Was bedeutet das für die anderen Parteien?
Lange konnte man träumen, dass die Wähler in der AfD keine Alternative für das Berliner Abgeordnetenhaus sehen. Die rechte Partei verharrte im 3-Prozent-Sumpf – trotz Flüchtlingsdebatte, trotz Lageso-Chaos. Doch eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage sieht sie bei sieben Prozent.
Dass die AfD von Wählern stärker in Erwägung gezogen wird, verwundert nicht. Zuletzt war sie mit ihren teils extrem kruden Thesen bundesweit präsent. Die größere Bekanntheit der Partei macht es rechten Wählern leichter, sich in Umfragen auch zu ihr zu bekennen. Gut möglich, dass die jüngste Umfrage keinen Zuwachs vermeldet, sondern lediglich das vorhandene rechte Potenzial in Berlin abbildet.
Anders als in vergangenen Wahljahren gibt es für diese Klientel keine erfolgversprechende Alternative am rechten Rand. Das erhöht die Chancen für die AfD, im September ins Parlament einzuziehen. Noch dazu kann sie, anders als die NPD, auch im gemäßigten rechtsextremen Lager punkten. Darauf könnte hindeuten, dass die Berliner CDU in der Umfrage drei Prozentpunkte verliert und bei 20 Prozent landet.
Dennoch ist die AfD kein alleiniges Problem der Union. Auch SPD, Grüne und Linke können kein Interesse daran haben, dass sie den Sprung ins Parlament schafft: Gegen rechte Polemik ist schwer anzugehen; die Flüchtlingsdebatte würde an Schärfe dramatisch zunehmen; die Spaltung Berlins in eine eher tolerante Innenstadt und eine eher rassistische Zone außerhalb des S-Bahn-Rings würde sich vertiefen.
Lange lieferte die hiesige AfD kaum Angriffspunkte – weil sie wenig in Erscheinung trat. Das hat sich geändert, seit Rechtsaußen Beatrix von Storch vor wenigen Wochen den Landesvorsitz übernommen hat. Nun müssen SPD und CDU, Linke, Piraten und Grüne die Auseinandersetzung aufnehmen. Das kann, trotz der aktuellen Erfolgsserie der AfD und trotz deren Klientel, erfolgreich sein: Denn für Berlin hat die AfD wenig mehr zu bieten als ein paar olle Parolen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich