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Kommentar zum Fracking-GesetzDie Politik steht im Wort

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Das Fracking-Gesetz wird aufgeweicht. Damit brechen Union und SPD ihr Wahlversprechen. Die Energielobby ist es, die sich durchsetzt.

Die Risiken und Nebenwirkungen der umstrittenen Gasfördertechnik sind noch lange nicht „zweifelsfrei“ geklärt. Bild: dpa

I n ihren Wahlprogrammen haben sich Union wie SPD klar festgelegt: Solange nicht „alle Risiken für Gesundheit und Umwelt“ durch die umstrittene Gasfördertechnik Fracking „ausgeschlossen“ sind, dürfe sie in Deutschland nicht zum Einsatz kommen, hatten die Sozialdemokraten versprochen. Auch CDU und CSU wollten zunächst „zweifelsfrei“ geklärt wissen, dass keine Gefahr für das Trinkwasser bestehe.

Doch unter dem massiven Druck der Energielobby bröckeln diese Zusagen derzeit gewaltig. Die Bundesregierung will nun nicht nur Ausnahmen vom bisher geplanten Fracking-Verbot oberhalb von 3.000 Metern Tiefe zulassen. Sie plant zudem, die heikle Entscheidung darüber an ein Gremium aus sechs Wissenschaftlern zu delegieren.

Dass die Politik sich Rat bei Experten holt, ist natürlich nicht verwerflich. Allerdings ist absehbar, dass mit der Zusammensetzung eines solchen Gremiums bereits eine Vorentscheidung darüber fällt, inwieweit Fracking genehmigt werden wird. Und natürlich dürfte ein solcher Expertenrat auf keinen Fall bindend für die Behörden sein – das wäre doch ein gar zu leichter Weg für die Politik, sich komplett aus der Verantwortung gegenüber den Wählern zu stehlen.

Von SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der seine Angst vor der konventionellen Energielobby gerade im Kohle-Streit eindrucksvoll beweist, wird auch beim Thema Fracking nicht viel Widerstand zu erwarten sein. Dass seine Partei eine Aufweichung des bisherigen Kurses mitträgt, scheint hingegen fraglich. Schließlich ist die Ablehnung in den Wahlkreisen hoch. Und die vollmundigen Versprechen von neuen, giftfreien Fracking-Methoden, mit denen die Energiekonzerne die Stimmung drehen wollen, sind bisher durch keinerlei praktische Tests belegt.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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12 Kommentare

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  • Habe soeben den Nachrichten entnommen, dass die Regierung, wie sie betont, weiterhin (bis auf wenige Ausnahmen!) am Frackingverbot festhalte.

     

    Bin weiterhin skeptisch, lasse mich aber gern überzeugen.

  • So sorgt die SPD selbst dafür, sich für die nächsten Wahlen zu disqualifizieren. Mit ihrem Wunschdenken daran, dass der verdrossene Wähler sich vor den nächsten Wahlen mit ein paar wohlfeilen Worten und umschmeichelnden Wahlgeschenken schon wieder ködern lässt, wird sich als fatale Fehleinschätzung erweisen. Denn der Wähler hat gelernt, nicht mehr zu vergessen. Dass das den Wahlen Fernbleiben ein Mittel zum Zwecke der Disziplinierung der SPD sein könnte, diesen Irrglauben hat der Wähler ebenso aufgegeben wie die Protestwahl einer anderen großen Volkspartei, denn die stößt ins selbe Horn. Sie profitiert nur von der Tatsache, dass sie im nächsten Wahlkampf mit dem anklagenden Finger auf einen Verantwortlichen aus der SPD zeigen kann, wie sie es in anderen Koalitionen bereits sehr geschickt gemacht hat. Und die sind immer schön brav darauf hereingefallen.

     

    Auch wenn nicht alles bei den kleineren Oppositionsparteien schmeckt, wäre aus meiner Sicht nur deren Wahl eine Lösung, sofern der Wähler solange Geduld hat und bereit ist zu ertragen, was unsere GroKo in der Zwischenzeit an Umkehr- Beendbarem und Unumkehrbarem möglicherweise so alles anrichtet.

     

    Voilà!

     

    Ein Trost - wenigstens haben wir hier eine sehr lebendige, gut vernetzte und einflussreiche Klaviatur an NGO's. Und die wird genutzt - versprochen!

  • Man kann nur noch staunen. Ob beim Thema Fracking oder auch Reform des EEG. Die SPD setzt um, was sich eine FDP nicht getraut hätte. Es ist eine Schande, was aus dieser Partei geworden ist.

  • Wählt sie doch ab, diese Duckmäuser vor der Lobby! Die haben doch keinen Arsch mehr in der Hose. Höchstens Rückenprobleme vom Geldzählen. Daür hat man die FDP abgewählt-,für solch eine SPD?

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Von CDU/CSU kann man nichts anderes erwarten. Wer aber immer noch so naiv ist und glaubt, die SPD würde für die Belange der Bevölkerung auch nur ein wenig Verantwortung tragen, der ist spätestens jetzt eines Besseren belehrt. Beim Gedanken an diese "Regierung" (besser: reine Industrielobby) überkommt mich Brechreiz und --- Wut!

  • Wenn Atomkraftwerke voll haftpflichversichert werden müßten, gäbe es keine. Der Steuerzahler trägt das Risiko. Ich nehme an, das wird in unserer wirtschaftskonformen Demokratie beim Fracking genau so gelöst. Dafür sorgen dann schon die Sozialdemokraten.

    Schande über sie.

  • Wenn und solange ein möglicher Schaden irreparabel bleibt (wie es derzeit aussieht), müsste sich das eigentlich verbieten... gerade in der Sardinenbüchse Deutschland, wo doch sonst jeder Furz eine Lärmschutzwand erfordert.

  • Zitat: "Solange nicht „alle Risiken für Gesundheit und Umwelt“ durch die umstrittene Gasfördertechnik Fracking „ausgeschlossen“ sind, dürfe sie in Deutschland nicht zum Einsatz kommen..."

    In meinen Augen stellt allein diese Formulierung klar, daß sich SPD und CDU nicht klar gegen das Fracking stellten, sondern sich ein Hintertürchen, das eher ein Tor ist, offenhalten wollten. Schändliche Betrügerbande.

    • @Der_Peter:

      Man dürfte es aber kaum hinkriegen, diese Riskien zu bannen - nicht, wenn man ehrlich bleiben will. Okay, das nun wieder ist der Politk nicht so der Hinderungsgrund...

  • Wer glaubt schon noch den Wahlversprechen dieser windigen Lügner und Volksbetrüger?

     

    Diese Regierung ist eine Zumutung. Das System "marktkonforme Demokratie", sprich DDR mit kapitalistischem Vorzeichen, nimmt langsam immer groteskere Züge an, wie es auch in der DDR in den letzten Jahren vor dem Zusammenbruch beobachtet werden konnte.

     

    Man könnte das Parlament derzeit komplett abschaffen und gleich die Wirtschaft bestimmen lassen, wo´s lang geht, dann hätte man sich wenigstens die von der Polit-Schmarotzerelite verursachten Kosten gespart und am Kurs änderte sich auch nicht viel.

  • Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten.

     

    Unfassbar dass man ernsthaft darüber nachdenkt Erdschichten zu vergiften um kurzfristig Gas zu fördern. Die Erschichten sind in Jahrmillarden durch Erosion entstanden. Aber wir vernichten die in wenigen Jahren. Chapeau!

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Druck der Energielobby. Es werden wohl eher die Geldscheine gewesen sein, mit denen die Lobbyisten gewunken haben.