piwik no script img

Kommentar von Stefan Alberti zur Haushaltsdebatte im AbgeordnetenhausDie SPD hat keine Alternative zu Michael Müller

Stefan Alberti

ist Redakteur für Landes­politik

Keine Ausstrahlung hat er angeblich. Charisma fehle ihm. Immerhin ist inzwischen seltener zu lesen, dass Michael Müller ein blasser Typ sei – das hat der Regierungschef längst selbst zu Wortspielen genutzt. Bei solchen oft gehörten Aussagen, auch aus der SPD, könnte man sich fragen, was dieser Mann an der Spitze des bald vier Millionen Einwohner großen Bundeslands Berlin macht. Die Haushaltsdebatte im Abgeordnetenhaus hat gezeigt, dass die Frage eine ganze andere ist: Wer soll es denn sonst machen?

Niemand im Spitzenpersonal des Parlaments inklusive Müllers SPD-internem Dauerkonkurrenten Raed Saleh sprach auch nur annähernd so gut. So mancher klebte fast am Manuskript, in einigen Reden sammelten sich Worthülsen und schiefe Bilder, andere waren sprachlich schlicht, egal ob Koalition oder Opposition. Müller hingegen schaute nur gelegentlich auf seine Notizen und hatte sehr wohl die angeblich fehlende Ausstrahlung.

Dabei hatte der Regierende Bürgermeister den schwersten Job aller Redner. Er musste nicht nur – leichteste Übung – das loben, was seine Koalition erreicht und im Haushaltsplan festgeschrieben hat. Er musste auch erklären, dass manches noch nicht geklappt hat. Und er nutzte die Gelegenheit, deutlich zu machen, dass er bei Wohnungsbau und Schuldentilgung noch Bewegung bei der Linkspartei will.

Fast präsidial wirkte Müller, als er den vielen Zahlen des Haushalts jene der Flüchtlinge hinzufügte, die dieses Jahr nach Berlin kamen, nämlich rund 9.000 gegenüber 55.000 im Jahr 2015. „Für Asyl gibt es keine Obergrenze“, sagte er, „ich möchte Menschen weiter helfen.“ Hier gelesen kann das pathetisch wirken – im Parlament kam es glaubhaft rüber. Genauso wie der Satz, dass jene keine Zukunft in Berlin hätten, die hiesige Regeln nicht akzeptieren.

Die SPD mag vieles an Müller kritisieren – eine echte Alternative hat sie nicht. Das ist die eigentliche Botschaft des Tages, an dem es nominell um einen 57-Milliarden-Haushalt ging.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen