Kommentar von Marco Carini über die Koalitionsverhandlungen: Grüne ja, CDU vielleicht, Linke nie
Der WählerInnenwille wird umgesetzt. Die bisherigen KoalitionärInnen nehmen mit großer parlamentarischer Mehrheit im Rücken Verhandlungen zur Fortsetzung einer rot-grünen Koalition auf. Jede andere Entwicklung hätte überrascht und dem klaren Votum der HamburgerInnen widersprochen. Und es gibt kaum ein Indiz dafür, dass die Verhandlungen scheitern könnten.
Daran ändern auch die von der SPD in Person von Peter Tschentscher entfachten Störgeräusche nichts. Dass der Bürgermeister nach der Entscheidung für Verhandlungen mit den Grünen noch einmal betonte, dass auch immer noch eine Koalition mit der CDU möglich sei, zeugt von Schwäche. Die SPD traut ihrer eigenen Verhandlungsmacht nicht. Sie braucht diese Drohgebärde, um die Grünen kleinzuhalten.
Ein völlig unnötiger Stimmungskiller. Sollten die rot-grünen Koalitionsverhandlungen scheitern, ist ohnehin klar, dass die SPD sich einen anderen Mehrheitsbeschaffer suchen muss – und dabei nur die CDU infrage kommt. Denn obwohl es auch für eine rot-rote Mehrheit reichen würde, hat die SPD eben nicht mit den Linken sondiert.
Ein Fehler: Die SPD positioniert sich ohne Not erneut näher an der CDU, mit der sie „große Gemeinsamkeiten“ ausmacht, als an den Linken. Sie verpasst eine Gelegenheit, ihr Verhältnis zu den recht realpolitischen Linken zu normalisieren und eine Machtoption für den Fall vorzubereiten, dass es einmal für Rot-Grün nicht mehr reicht.
Sie verpasst auch die Gelegenheit, die Linke zu zwingen, sich mit ihrer ewigen Oppositionsrolle auseinanderzusetzen, die sie – nun erneut zu Recht – damit begründet, dass die anderen Parteien sie ohnehin nicht auf dem Zettel haben. Und sie fällt mit ihrer fehlenden Gesprächsbereitschaft ein in den Kanon der Gleichsetzung von AfD und Linken, den sogenannten politischen Rändern, mit denen eine Zusammenarbeit nicht infrage komme. Das ist in Zeiten zunehmender rassistischer Übergriffe ein falsches Signal.
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