Anstehende Waffenruhe in Gaza: Trump – jetzt auch Friedensbringer
Noch ist die Waffenruhe nicht in trockenen Tüchern. Doch fest steht bereits: Der Druck des Bald-Präsidenten der USA hat Wirkung gezeigt.
E s sah aus, als wäre es ein fertiger Deal. Doch am Donnerstag verschob der israelische Premier Benjamin Netanjahu mehrfach die Sitzung des Sicherheitskabinetts, die das Abkommen zur Waffenruhe absegnen sollte. Stützt das Kabinett das Waffenstillstandsabkommen oder platzt der Traum vom Ende des Krieges doch noch auf den letzten Metern? Netanjahu sagt, die Hamas habe neue Bedingungen gestellt. Die Hamas dementiert. Nicht zum ersten Mal kam dieser Vorwurf einer Waffenruhe in die Quere.
Doch es gibt einen gewichtigen Unterschied zu den vergangenen Monaten: Bislang hat der israelische Premier US-Präsident Joe Biden brüskiert. Dieses Mal würde er Donald Trump kurz vor dessen Amtsantritt vor das Schienbein treten; es ist bekannt, wie Trump auf Widerspruch reagiert. Wird der israelische Premier diesen Schritt wagen, um seine rechtsextremen Koalitionspartner zu besänftigen und seine Regierung zu retten – so abhängig wie Israel von den USA und deren milliardenschwerer militärischen Unterstützung ist? Es darf bezweifelt werden. Ausschließen kann man es nicht.
Trump wäre wohl, gelinge gesagt, not amused. Sein Ziel: Sich als Friedensbringer zu inszenieren. Er wäre der erste US-Präsident, der sich einen Waffenstillstand noch vor Amtsantritt auf die Fahnen schreiben könnte. Dass die Vorarbeit dazu unter Joe Biden gelaufen ist, wen kümmert’s, wobei tatsächlich wenig Zweifel daran herrschen, dass Trumps Druck Wirkung auf den israelischen Premier Benjamin Netanjahu und auf die Hamas gezeigt hat, die Biden nie hatte.
Extreme Rechte unter Schock
Der nächste Durchbruch, den Trump anpeilt: Ein Normalisierungsabkommen zwischen Israel und Saudi-Arabien, das den Nahen Osten neu sortieren dürfte. Die Wege dafür sind geebnet, ein derartiger Durchbruch hätte allerdings vor allem mit nationalökonomischen Interessen und kaum mit Trump zu tun. Die extreme Rechte in Israel steht derweil unter Schock. Die Siedler hatten einer Amtsübernahme Trumps entgegengefiebert, träumten davon, mit seiner Unterstützung ihrem Traum von einem Groß-Israel und einer Besiedlung auch des Gazastreifens nahe zu kommen.
Ausgeträumt, realisieren sie nun. Trump wird sich seine Rolle als Heilsbringer für den Nahen Osten nicht dadurch vermasseln lassen, dass ein paar Siedler die Israelfahnen in den Boden Nordgazas einrammen.
Einen Frieden zwischen Israel und den Palästinenser*innen hätten wir mit der – hoffentlich Sonntag in Kraft tretenden – Waffenruhe noch lange nicht. Doch ein Platzen der Waffenruhe wäre nicht weniger als eine Katastrophe.
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