Kommentar von Jannis Papadimitriou zum griechischen Wahlsieger Kyriakos Mitsotakis: Er muss jetzt ein starkes Zeichen setzen
Neuen Reichtum braucht unser Land“ – kaum ein Politiker in Griechenland wiederholt diesen Satz derart mantrahaft wie der neue, konservative Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. Das spricht für ihn. Denn die Griechen mögen die Talsohle der Krise durchschritten haben, doch ohne neue Investitionen und Arbeitsplätze finden sie keinen Weg aus der Wirtschaftsmisere.
Mitsotakis hat schon immer eine wirtschaftsfreundliche Einstellung vertreten. Aber wie kann er diese auch konkret umsetzen? Laut seinem Wahlprogramm vor allem dadurch, dass die griechische Wirtschaft in den nächsten Jahren Wachstumsraten von über 4 Prozent vorlegt. Das wäre auch dringend nötig, damit sie in absehbarer Zukunft das Vorkrisen-Niveau von 2008 erreicht.
Zwar haben die griechischen Konservativen recht, wenn sie behaupten, sie hätten dieses rasante Wachstumstempo schon einmal erreicht, als sie unter Kostas Karamanlis im Alleingang regierten. Das war im Zeitraum zwischen 2004 und 2009. Und was schon mal war, kann ja noch mal werden. Wahr ist aber auch: Damals herrschten in Griechenland Olympia-Begeisterung und eine Geld-spielt-keine-Rolle-Mentalität, die nicht zuletzt zur Megaverschuldung des Landes in den darauffolgenden Jahren beigetragen haben. Viel Geld war im Umlauf, doch nicht alle haben davon profitiert. Letzten Endes wurde ein beachtlicher Teil davon in Prestigeprojekte gesteckt, die wenig später kein Mensch nutzte – etwa in ein schmuckes Baseballstadion direkt am Strand von Piräus.
Daran will Mitsotakis hoffentlich nicht anknüpfen. Doch er wäre gut beraten, möglichst bald ein Zeichen zu setzen und Investitionsanreize zu bieten, die nicht nur den wenigen und vom Staat regelrecht verwöhnten Großunternehmern und Reeder-Familien zugutekommen.
Im Idealfall wird Mitsotakis auch ein starkes Zeichen gegen Nepotismus und Korruption setzen. Seine Gegner meinen zwar, das sei naturgemäß nicht möglich, da er selbst einer mächtigen Politdynastie entstammt. Seine Weggefährten behaupten dagegen, der Kampf gegen alteingesessene Interessen sei geradezu ein Markenzeichen des neuen Ministerpräsidenten, der in der vergangenen Jahren von vielen unterschätzt wurde – nicht zuletzt in der eigenen Partei.
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