Kommentar von Dorothea Hahn zu den Midterms: Keine Trump-Lawine
Eines steht fest: Eine Trump-Lawine ist nicht über die USA gerollt. Die Republikaner haben am Dienstag zwar Zugewinne erzielt. Aber im Vergleich zu den Erfolgen von Oppositionsparteien bei früheren Midterm-Wahlen nehmen sich diese Erfolge gering aus. Bis zu einem kompletten Ergebnis der Midterm-Wahlen können – da in Georgia wohl erneut eine Stichwahl nötig sein wird – Wochen vergehen. Aber zumindest ein paar Dinge sind deutlich geworden.
Donald Trump geht geschwächt aus den Wahlen hervor. Vielerorts haben ihn seine Wähler von 2016 und 2020 im Stich gelassen. Der Dämpfer für Trumps persönliche Ambitionen ist jedoch das eine. Zahlreiche seiner Kandidaten haben die Wahl geschafft, Konfrontationen im Stil von Trump werden also künftig zunehmen, die Gefahr für die Demokratie in den USA ist keineswegs gebannt.
Die Demokraten können aufatmen, weil ihre Verluste geringer ausgefallen sind als befürchtet. Ihr linker Flügel hat bei den Wahlen deutliche Zugewinne erzielt. Im künftigen Repräsentantenhaus wird ihre Stimme lauter werden. Die Demokraten insgesamt konnten sowohl Abgeordnete als auch Gouverneure halten, die gefährdet schienen. Und sie konnten mit dem Wahlsieg von John Fetterman in Pennsylvania einen Sitz im Senat dazugewinnen. Aber sie haben einige zentrale Figuren eingebüßt – darunter solche, die besonders engagiert an der Aufklärung des Sturms aufs Kapitol arbeiteten. Mit weniger Abgeordneten wird es den Demokraten noch schwerer fallen, ihre Reformen im Kongress durchzusetzen. Für die Demokraten bringen diese Midterms auch die Gewissheit, dass sie zwei Bundesstaaten, die bislang als Swing States galten, verloren haben. Sowohl Florida als auch Ohio stimmten am Dienstag mit großen Mehrheiten republikanisch. Dennoch geht Präsident Joe Biden gestärkt aus den Midterm-Wahlen hervor. Demokratische Zentristen werten den relativ glimpflichen Wahlausgang als Bestätigung seiner Politik. Und sie rufen Biden jetzt dazu auf, im Jahr 2024 erneut für das Weiße Haus zu kandidieren. Die Midterms bestätigen, dass die Stimmung, die zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen nach den letzten Präsidentschaftswahlen geführt hat, zwei Jahre danach weiterhin explosiv und tief gespalten ist. Aber zugleich zeigen die Midterms auch, dass die Wähler sorgfältig zwischen politischen Parteien und konkreten Projekten unterscheiden. Während sie bei Kandidaten strikt entlang von Parteibindungen votiert haben, verlangten sie bei den Abtreibungsreferenden mit deutlichen Mehrheiten nach demselben Recht. Das ist zumindest ein Zeichen, das Hoffnung macht.
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