Kommentar rot-grüner Senat in Hamburg: Jenseits des Krawalls
Der Hamburger Senat wird daran gemessen werden, ob er seine Visionen umsetzt: die Olympischen Spiele, eine Ökologisierung des Hafens und die Verkerhswende.
N un versuchen sie es in Hamburg also erneut mit einem rot-grünen Bündnis. Das erste von 1997 bis 2001 war eine ziemliche Krawall-Koalition, und genau das wird sich jetzt nicht wiederholen. Zu präzise ist der Koalitionsvertrag gefasst, als dass er viel Interpretationsspielraum ließe. Zu ernst meint es Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) mit seinem Anspruch, alles zu halten, was er versprochen hat. Zu diszipliniert sind die grünen Hardcore-Realos von heute, als dass da wirklich viel Zwist zu erwarten wäre.
Langweilig muss es dennoch nicht werden. Denn diese rot-grüne Koalition hat ein Problem und drei Visionen. Der Umgang damit wird entscheidend sein für das Ge- oder Misslingen des Bündnisses.
Das Problem ist die Unterrepräsentanz der Frauen im rot-grünen Senat – ein Geburtsfehler des Bündnisses, den einzig Olaf Scholz zu verantworten hat. Seine Weigerung, einen aus seiner Sicht bewährten Senator für eine neue Senatorin zu opfern, mag inhaltlich zu begründen sein. Die harsche Kritik, die ihm das auf dem SPD-Parteitag in dieser Woche einbrachte, zeigt aber: Selbst der zu napoleonesken Zügen neigende Olaf Scholz darf mit parteiinternen Sensibilitäten nicht umspringen, wie es ihm gerade passt. Mit einem nächsten Verstoß würde Scholz einen offenen Konflikt provozieren. Er ist klug genug, das nicht zu riskieren.
Die drei großen Projekte oder – mal groß gesprochen – Visionen des rot-grünen Senats für die nächste Legislatur sind die Olympischen Spiele, die Ökologisierung des Hafens und die Verkehrswende. An deren Realisierung wird der Erfolg des ganzen Bündnisses gemessen werden und vor allem auch der grüne Einfluss. Während bei Olympia noch andere mitentscheiden, liegt die Umsetzung der anderen beiden Vorhaben einzig in rot-grüner Hand.
Und deshalb liegt genau dort auch die Messlatte für die rot-grüne Koalition in Bremen, die in gut drei Wochen wiedergewählt werden möchte. Was die Grünen an der Elbe ihren Sozis abhandeln konnten, muss nun auch das Ziel der Grünen an der Weser sein. Vor allem die Vereinheitlichung der Umweltstandards in den beiden größten deutschen Häfen Hamburg und Bremerhaven muss zum gemeinsamen Ziel beider Stadtstaaten werden. Das wäre ein wichtiger Schritt zur Beendigung des unsäglichen Konkurrenzkampfes um jeden Container und zur dringend notwendigen Kooperation der Nord-Häfen.
Also denn, Rot-Grün Bremen: nachmachen – und noch besser machen.
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