Bürgerschaftswahl in Bremen: Kein Bock auf Sparzwang

Streit gehört der Vergangenheit an: Die Linkspartei in Bremen bereitet sich auf ihre nächste Legislaturperiode in der Opposition vor.

Kristina Vogt, die unangefochtene Spitzenkandidatin der Bremer Linkspartei. Bild: dpa

BREMEN taz | „Haushaltsnotlage“, „Schuldenbremse“ und „Kreditverbot“ – in Bremen wird kaum eine politische Debatte ohne diese Schlagworte geführt. Die Linkspartei kann das nicht mehr hören, will wieder von der sozialen Frage sprechen, ohne sich vom elenden Geld ausbremsen zu lassen.

Sie sind die einzigen, die zur Wahl am 10. Mai mit einem eindeutigen Nein zum Sparzwang antreten. Dafür würden sie sich notfalls auch vor Gericht mit dem Stabilitätsrat anlegen, sagen sie. Und zumindest im seit 1946 durchgehend sozialdemokratisch regierten Bremen klingt das fast schon ein bisschen nach Kommunismus.

Die soziale Spaltung ist in Bremen kein Wohlstands-Wehwehchen: Die Schere zwischen arm und reich, so sagt die Linke zu Recht bei jeder sich bietenden Gelegenheit, ist hier weiter als irgendwo sonst. Bremen hat im bundesweiten Vergleich anteilig nicht nur die meisten Millionäre – zugleich leben hier auch die meisten an der Armutsgrenze.

Linkspartei will in die Opposition

Nun wird sich, wenn die Wahl dann vorbei ist, wohl kaum etwas ändern – weder an der Armut noch an den parlamentarischen Mehrheiten: Die Prognosen entsprechen in etwa dem Ausgang der vergangenen Wahl. Auch die Linkspartei will wieder dahin, wo sie bereits ist: in die Opposition – um von dort zwar nicht an der Regierung, wohl aber an deren Politik zu rütteln.

Das hat sich so eingespielt. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass die Linke 2007 mit ihrem Einzug in die Bremische Bürgerschaft erstmals in einem westdeutschen Länderparlament vertreten war. Mittlerweile ist anderswo wieder Niedergang angesagt: 2012 der Abgang in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, 2013 das Aus in Niedersachsen. Dann Anfang der Jahres die Pleite in Hamburg. Obwohl die Linke da sogar zulegen konnte, verweigerte die Fraktion ihrer Spitzenkandidatin Dora Heyenn die Gefolgschaft – eine effektvolle Selbstdemontage, die bis in den Bundesvorstand für Unruhe gesorgt hat.

In Bremen wird nun weder das eine noch das andere passieren: Der erneute Einzug ist so gut wie sicher und der Kreis um Spitzenkandidatin Kristina Vogt sitzt fest im Sattel. Das liegt nicht zuletzt am Management des Landesverbands, dessen Führung sichtbar hinter der Fraktion steht, ohne an der Basis jemanden zu brüskieren. Die Bremer Linkspartei ist ein Sammelbecken diverser linker Strömungen, die sich ständig alle irgendwo zu Wort melden, ohne dabei ernsthaft am Realoprofil der Partei zu rütteln.

Das war nicht immer so. Vor der letzten Wahl war die Partei bis aufs Blut zerstritten und sägte ihre Führung ab. Durchgesetzt hat sich die bis dahin kaum bekannte Kristina Vogt, die erst kurz zuvor aus der Apo in die Partei gewechselt war und schnell zum Gesicht der Partei wurde. Ein Umsturz, ja – der Machtkampf wurde aber offen ausgetragen.

Die Basis steht hinter der Fraktion

Auf dem Listenparteitag kandidierte diesmal niemand gegen Vogt, die ihre erneute Kandidatur unter Beifall bekannt gab. Und auch auf den folgenden Plätzen gab es nur zaghafte Versuche aus der antikapitalistischen Parteiströmung, in Kampfabstimmungen einzutreten. Für die Partei war das letztlich eine Selbstversicherung: Die überwältigende Mehrheit der Basis steht hinter der Fraktion. Auch intern folgten alle der Dramaturgie und bewarben sich auf die ihnen angedachten Plätze.

Auch die Inhalte sind festgezurrt. Eine kurze Auseinandersetzung gab es um den im Programm geforderten Altschuldenfonds. Einige wollten hier radikaler vom „Schuldenschnitt“ sprechen. So werde „die Systemfrage“ gestellt, hieß es. Fünf Minuten Schärfe in der Luft – bis sich die taktische Formulierung der Realos durchsetzte: An die „entwickelte Debatte um den Altschuldenfonds anknüpfen“, hatte Landessprecher Christoph Spehr das genannt.

Das war auch okay so. Eigentlich wollten eh alle nach Hause, weil ja Werder gespielt hat. Linke Politik, sagt die linke Partei, findet ja nun nicht nur im Parlament und erst recht nicht nur im Wahlkampf statt. So wird dann auch in der kommenden Legislatur die Linkspartei in der Bürgerschaft debattieren und anschließend gegenüber vorm Rathaus demonstrieren – und zusammen mit der Apo „Druck machen“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.