Kommentar neue Äußerungen zu § 219 a: Von wegen kompromissbereit

Jens Spahn gibt der „SZ“ ein Interview, in dem er vermeintlich „kompromissbereit“ klingt. Tatsächlich will er an Paragraf 219a nicht heran.

Jens Spahn steht am Mikrofon und hackt mit den Händen durch die Luft

Jens Spahn spielt auch mal Frauenrechtler*innen und Tierschützer*innen gegeneinander aus Foto: dpa

Der entscheidende Satz von Gesundheitsminister Jens Spahn fiel im Interview mit der Süddeutschen Zeitung: Der Konflikt über Abtreibungen sei vor mehr als 25 Jahren in einem Kompromiss geregelt worden, zu dem auch das sogenannte Werbeverbot in Paragraf 219 a gehöre. „Zu diesem Kompromiss als Ganzes stehen wir, da gibt es keinen Änderungsbedarf.“

Was Spahn dagegen von einigen Medien als Kompromissbereitschaft“ ausgelegt wurde, besteht einzig darin, dass er – laut eigener Aussage – nun mit Ärzt*innen und Schwangerschaftsberatungsstellen sprechen will. Er erkennt also immerhin an, dass es ein Informationsdefizit gibt.

Spahn schraubt an seiner Sprache, klingt gemäßigter – mehr aber auch nicht. Das Problem bleibt: § 219 a. Wegen dieses Strafrechtsparagrafen können Ärzt*innen auf ihren Webseiten nicht sachlich und seriös darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Deshalb wurde die Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, auch deshalb existieren, wie eine taz-Recherche gezeigt hat, nirgends in Deutschland vollständige Informationen darüber, wer wo Abtreibungen durchführt. Dieses Problem hat der Gesundheitsminister nach wie vor nicht erkannt. Genauso wenig sieht er die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch ihre generelle Verortung im Strafrecht.

Frauen können sich nicht im privaten Raum informieren

Wahrscheinlicher ist, dass Spahn auch nach seinen Gesprächen vorschlagen wird, den § 219 a so zu belassen, wie er ist, und stattdessen bei den Beratungsstellen anzusetzen. Deren Pflichten zu erweitern, würde aber nicht helfen: Frauen müssen sie aufsuchen, sich offenbaren und beraten lassen, anstatt sich zunächst unabhängig und im Privaten über ihre Optionen informieren zu können.

Der § 219 a muss gestrichen und ein Verbot von Werbung für Abtreibungen ins Ordnungswidrigkeitenrecht überführt werden. Bleibt er bestehen, wäre nichts besser. Im Gegenteil, seine Regelung wäre nur zementiert. Egal, wie „kompromissbereit“ Spahn in manchen Ohren auch klingen mag.

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Volontariat bei der taz, danach Redakteurin der taz am Wochenende. Lebt heute in Beirut, wo sie für die Friedrich-Ebert-Stiftung arbeitet. Kommt ursprünglich aus Dortmund.

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