piwik no script img

Kommentar linke Parteispaltung in ItalienGroßer Schaden für „Renzismus“

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Nach dem Austritt linker Kritiker aus der Partito Democratico dürfte Italien statt zum Reformmotor wieder zum Sorgenkind Europas werden.

Hat Renzis Partito Democratico verlassen: Exparteichef Pierluigi Bersani Foto: ap

K ein bisschen betrübt zeigte Matteo Renzi sich darüber, dass das Gros seiner linken Gegner sich von der Partito Democratico (PD) abgespalten hat. Endlich, so glaubt Renzi wohl, ist er lästige Störenfriede los und kann in Italiens größter Regierungspartei in Zukunft ungestört das Zepter schwingen.

Gut möglich, dass es so kommt, dass Renzi die Urwahlen zum Parteichef am 30. April klar gewinnt und dann zum Beispiel die Kandidatenlisten für die spätestens im Februar 2018 anstehenden Parlamentswahlen ganz nach eigenem Gusto zusammenstellen kann, mit ihm treu ergebenen Gefolgsleuten. Dennoch hat der Florentiner Politiker wenig Grund zu Zufriedenheit. Denn das politische Überleben Renzis mag gesichert sein – doch der „Renzismus“ als politisches Projekt nimmt mit der jetzt vollzogenen Parteispaltung weiteren, kaum zu behebenden Schaden.

Die PD zur das Land dominierenden Partei machen, mit Verfassungs- und Wahlrechtsreform dafür sorgen, dass er in Zukunft ungehindert durchregieren könne, auf dieser Basis die Rolle Italiens in Europa deutlich zu stärken: Hierin bestand Renzis Projekt. Und hiervon bleibt so gut wie nichts übrig.

Denn Italiens nächstes Parlament wird voraussichtlich nach reinem Proporz gewählt, nachdem das Verfassungsgericht Renzis Wahlrechtsreform verworfen hat. Absolute Macht in der eigenen Partei wird ihm dann nichts mehr nützen – die Regierung, ob unter seiner Führung oder nicht, wird schwach, ja womöglich weitgehend handlungsunfähig sein, denn fast 50 Prozent der Wähler werden für die euroskeptischen bis EU-feindlichen Listen der Fünf Sterne oder der Lega Nord votieren.

Damit kann Renzi eines seiner Hauptziele zu den Akten legen: Italien wieder eine Stimme in Europa zu verschaffen und es zum Gegengewicht des übermächtigen Deutschland zu machen. Statt zum Reformmotor dürfte der Stiefel nun wieder zum Sorgenkind Europas werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Worin Renzis Projekt besteht, weiß Herr Braun auch nicht. Allerdings ist jetzt klar, daß die unmögliche Verbindung zwischen der alten DC und dem stalinistischen PC nicht länger hält. Gott sei Dank. Wir können aufatmen. Im Gegensatz zu der Meinung Herrn Brauns wird der Horizont klar und die unsäglichen (Herr Braun nannte sie in einem früheren Beitrag "glorreichen") stalinistischen Nachfolger der kommunistischen Partei sind nun wieder da, wo sie hingehören, an die hoffnungslose Grenze des ganz linken Spektrums. Renzi ist Glück zu wünschen!

    • @Karl Bauer15:

      Ich war bisher daran gewöhnt, das Wort Kommunismus in Bezug auf Italien nur über den Mund von Berlusconi oder Salvini zu hören. Das in einem Leserkommentar in einer deutschen Zeitung zu lesen überrascht mich sehr. Zumal schon vor zwanzig Jahre konnte D'Alema, der als grauer Eminenz dieser Abspaltung beschimpft wird, etwas 'Kommunistisches' nicht mal sagen.

  • Die TAZ war mal ne linke Tageszeitung oder?