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Kommentar Zumwinkel-ErmittlungenLeider nur ein Zufallstreffer

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Festnahme von Post-Chef Zumwinkel ist leider kein Beleg dafür, dass die Steuerfahndung funktioniert. Im Gegenteil: Ein anonymer Hinweis brachte die Ermittler auf die Spur.

A uch wenn der Vorwurf der Steuerhinterziehung gegen Klaus Zumwinkel noch nicht erwiesen ist, erlauben die Razzia und der Haftbefehl allein schon spannende Rückschlüsse. Der Fall erregt große Aufmerksamkeit, denn schließlich ist es nicht alltäglich, dass der Vorstand eines DAX-Konzerns wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung von der Polizei abgeholt wird - und zwar ausgerechnet der als seriös und erfolgreich geltende Post-Chef.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Ökologie und Wirtschaft.

Überraschend ist jedoch nicht der Vorwurf. Überraschend ist, dass man ihn so selten hört. Denn Steuerhinterziehung ist Teil deutscher Normalität. Auf 300 Milliarden Euro wird die Summe geschätzt, die zum Schaden der Allgemeinheit am Finanzamt vorbei im Ausland angelegt ist. Doch normalerweise läuft dieses Verbrechen der Reichen und Mächtigen im Verborgenen ab und wird kaum geahndet. Während die Politik bei anderen Straftaten darum wetteifert, wer am schärfsten vorgeht, läuft es bei Finanzfragen genau umgekehrt: Weil die Bundesländer hoffen, mit laxer Verfolgung von Steuersündern Investoren anzulocken oder zu halten, wird die Steuerfahndung finanziell und politisch ausgebremst. Ein irrer Wettlauf, bei dem am Ende alle verlieren. Auch die Bundesregierung setzt statt auf stärkere Verfolgung lieber auf sinkende Steuersätze - in der Hoffnung, dass dann wenigstens etwas bezahlt wird.

Die Festnahme von Zumwinkel ist leider kein Beleg dafür, dass die Steuerfahndung funktioniert. Im Gegenteil: Nicht eine systematische Kontrolle hat die Ermittler nach derzeitigem Kenntnisstand auf seine Spur gebracht, sondern ein anonymer Hinweis. Auch die ursprünglich durchaus ambitionierten Pläne der EU gegen Steuerflucht sind offensichtlich gescheitert, denn gerade die schlimmsten Steueroasen wie Liechtenstein beteiligen sich nicht am automatischen Informationsaustausch über ausländische Kapitaleinkünfte. Und für Gelder, die wie bei Zumwinkel in Stiftungen liegen, gelten die EU-Regeln ohnehin nicht.

Der eigentliche Skandal ist darum nicht, dass ein Konzernchef Steuern hinterzieht. Sondern dass die Politik so wenig dagegen tut - und sich lieber mit Hartz-IV-EmpfängerInnen anlegt als mit der Wirtschaftselite des Landes.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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1 Kommentar

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  • A
    Alster

    Dieser Artikel von Malte Kreutzfeldt gefällt mir.

    Denn so wie er es geschildert sieht es tatsächlich

    aus. Gut, dass nicht die gesamte Presse mit dem

    Establishment im selben Boot sitzt.