Kommentar Zumwinkel-Ermittlungen: Leider nur ein Zufallstreffer
Die Festnahme von Post-Chef Zumwinkel ist leider kein Beleg dafür, dass die Steuerfahndung funktioniert. Im Gegenteil: Ein anonymer Hinweis brachte die Ermittler auf die Spur.
A uch wenn der Vorwurf der Steuerhinterziehung gegen Klaus Zumwinkel noch nicht erwiesen ist, erlauben die Razzia und der Haftbefehl allein schon spannende Rückschlüsse. Der Fall erregt große Aufmerksamkeit, denn schließlich ist es nicht alltäglich, dass der Vorstand eines DAX-Konzerns wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung von der Polizei abgeholt wird - und zwar ausgerechnet der als seriös und erfolgreich geltende Post-Chef.
Überraschend ist jedoch nicht der Vorwurf. Überraschend ist, dass man ihn so selten hört. Denn Steuerhinterziehung ist Teil deutscher Normalität. Auf 300 Milliarden Euro wird die Summe geschätzt, die zum Schaden der Allgemeinheit am Finanzamt vorbei im Ausland angelegt ist. Doch normalerweise läuft dieses Verbrechen der Reichen und Mächtigen im Verborgenen ab und wird kaum geahndet. Während die Politik bei anderen Straftaten darum wetteifert, wer am schärfsten vorgeht, läuft es bei Finanzfragen genau umgekehrt: Weil die Bundesländer hoffen, mit laxer Verfolgung von Steuersündern Investoren anzulocken oder zu halten, wird die Steuerfahndung finanziell und politisch ausgebremst. Ein irrer Wettlauf, bei dem am Ende alle verlieren. Auch die Bundesregierung setzt statt auf stärkere Verfolgung lieber auf sinkende Steuersätze - in der Hoffnung, dass dann wenigstens etwas bezahlt wird.
Die Festnahme von Zumwinkel ist leider kein Beleg dafür, dass die Steuerfahndung funktioniert. Im Gegenteil: Nicht eine systematische Kontrolle hat die Ermittler nach derzeitigem Kenntnisstand auf seine Spur gebracht, sondern ein anonymer Hinweis. Auch die ursprünglich durchaus ambitionierten Pläne der EU gegen Steuerflucht sind offensichtlich gescheitert, denn gerade die schlimmsten Steueroasen wie Liechtenstein beteiligen sich nicht am automatischen Informationsaustausch über ausländische Kapitaleinkünfte. Und für Gelder, die wie bei Zumwinkel in Stiftungen liegen, gelten die EU-Regeln ohnehin nicht.
Der eigentliche Skandal ist darum nicht, dass ein Konzernchef Steuern hinterzieht. Sondern dass die Politik so wenig dagegen tut - und sich lieber mit Hartz-IV-EmpfängerInnen anlegt als mit der Wirtschaftselite des Landes.
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