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Ermittlungen gegen Post-Chef ZumwinkelAuftakt für weitere Promi-Razzien

Auf die Steuerermittlungen gegen Post-Chef Zumwinkel sollen Razzien bei Prominenten in ganz Deutschland folgen. Es soll 600 bis 700 weitere Verdächtige geben.

Zumwinkel vor seinem Haus: Ein Haftbefehl ist gegen eine "Sicherheitsleistung in nicht unerheblicher Höhe" außer Vollzug gesetzt worden. Bild: ap

FRANKFURT/MAIN ap Die Steuerhinterziehungsermittlungen gegen Postchef Klaus Zumwinkel sind nach einem Bericht des Handelsblattes der Auftakt für eine Serie von Ermittlungen. In den kommenden Tagen sollen in ganz Deutschland Razzien anlaufen, wie die Zeitung unter Berufung auf Ermittlerkreise schrieb. Nach Informationen der Nachrichtenagentur ap soll die Staatsanwaltschaft Bochum gegen 600 bis 700 weitere Verdächtige ermitteln.

Nach der Razzia bei Zumwinkel flammte unterdessen die Debatte über das Verhalten von Managern in Deutschland neu auf. Das Handelsblatt schreibt, Hunderte von weiteren Verdächtigen seien dem Blatt zufolge enttarnt. Die Fahnder hätten massenhaft Unterlagen aus einer Bank in Liechtenstein erhalten. "Wir haben die ganze Bank geknackt", zitierte die Zeitung in der Vorabmeldung einen Ermittler. Bei den Steuersündern handele es sich meist um reiche und prominente Deutsche. Namen seien noch nicht bekannt.

Unterdessen berichtete die Financial Times Deutschland, dass die Bundesregierung nicht damit rechne, dass Zumwinkel sein Amt weiter ausübe. Er werde aller Voraussicht nach nicht weiter als Postchef tätig sein, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Ebenso wenig werde es wohl zum geplanten Wechsel Zumwinkels in den Post-Aufsichtsrat kommen. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums ließ den Bericht am Donnerstagabend unkommentiert und verwies auf das laufende Verfahren.

Aus Kreisen der Deutschen Post verlautete laut FTD, Zumwinkel werde nicht mehr als Postchef zurückkehren - unabhängig vom Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum. Zumwinkels Ruf sei ruiniert. Als wahrscheinlich gelte, dass er seine Ämter in den kommenden Tagen ruhenlasse. Die FTD schrieb zudem, dass die Post-Aufsichtsräte am Donnerstag intensiv über Zumwinkels Nachfolge beraten hätten.

Postsprecher Martin Dopychai sagte am Donnerstagabend auf die Frage, ob es zutreffe, dass Zumwinkel abgelöst werde: "Das ist nicht der Fall." Nach einer Razzia wurde der Postchef verhört und blieb nur gegen eine hohe Kaution auf freiem Fuß. Er soll als Privatmann eine Million Euro Steuern über eine Stiftung in Liechtenstein hinterzogen haben.

Die Vorwürfe lösten auch eine neue Debatte über das Verhalten von Führungskräften in der Wirtschaft aus. "Politiker wie auch Manager müssen ihrer Vorbildfunktion gerecht werden", sagte der CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs der "Leipziger Volkszeitung". Steuerhinterziehung, im großen wie im kleinen Stil, sei eine Art Volkssport geworden.

Der SPD-Wirtschaftspolitiker Rainer Wend forderte eine Begrenzung des Steuerabzugs für gutverdienende Manager. "Wer mehr als eine Million Euro pro Jahr verdient, darf für das Einkommen, das darüber hinaus geht, nicht auch noch Kosten von der Steuer abziehen", sagte Wend der Rheinischen Post. In dem Fall müsse das Einkommenssteuerrecht gerechter gestaltet werden.

Die Deutsche Steuergewerkschaft (DStG) begrüßte das Vorgehen der Ermittler in dem begrüßt. "Dass so ein Fall aufgedeckt wird, ist ein positives Zeichen, dass sich unsere Fahnder auch von großen Namen nicht schrecken lassen", sagte der DStG-Vorsitzende Dieter Ondracek der Neuen Presse aus Hannover. Ein Ermittlungsrichter werde auch angesichts eines solchen Namens einen Durchsuchungsbefehl nur unterschreiben, wenn die Sache relativ sicher erscheine.

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5 Kommentare

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  • MB
    Martin Berger

    Steuer-Skandal oder BND-Skandal?

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    Es ist noch gar nicht ausgemacht, ob es sich bei Zumwinkel/Lichtenstein um einen 'Steuersünder'-Skandal handelt.

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    Ebenso gut könnte es auch ein Finanzminister-, Geheimdienst-, Datenschutz, oder Medien-Skandal sein.

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    Bisher behauptet ja niemand, dass in diesen Fällen unversteuertes Geld vor dem Finanzamt versteckt wurde, um Einkommensteuer zu sparen.

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    Nein es geht offenbar um ehrlich erworbenes, versteuertes Vermögen, das im Ausland anzulegen plötzlich ein Verbrechen sein soll, so als wäre es ein Verbrechen sein Geld in Spanien auszugeben statt in Deutschland.

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    Wenn ich richtig gelesen habe, wurde dieses Geld nicht nur ehrlich erworben. Auch für seine Zinsen soll pauschal (also ohne Namensnennung) Quellensteuer nach Deutschland abgeführt worden sein.

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    Dass trotzdem von einem 'Steuersünder'-Skandal gesprochen wird, beruht allem Anschein nach vor allem auf einer absurden juristischen Spitzfindigkeit (Schenkungssteuer für Schenkung an sich selber!!), zu der unsere Gerichte wohl durchaus geteilter Meinung sind.

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    So wie es bisher aussieht, bleibt am Schluss also möglicherweise nur die relativ harmlose Frage, ob die angeblichen 'Steuersünder' nicht noch etwas mehr als die tatsächlich abgeführte Quellensteuer auf die Zinsen hätten zahlen müssen.

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    Vielleicht wird man dann sagen, statt dubiose Informanten mit Millionen zu Straftaten anzustiften, sollte die Regierung lieber Gesetze machen, bei denen Steuern nicht als sinnlose Geldvernichtung empfunden werden, sondern als gerechter Beitrag für eine bessere Zukunft unserer Kinder.

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    Martin Berger

  • M
    molosovsky

    Laub kehren, Mülltüten sammeln! Das wären ja richtig feine sinnvolle Zeitvertreibe. Nein, besser wäre: Anwesenheitspflicht bei der Hartz-VI-Beschäftigugnsstelle ihres Vertrauens um 8 Uhr morgens und dann erstmal mindestens 1 bis 2 Stunden rumstehen und drauf warten, dass jemand weiß, was es heut Sinnvolles zu tun gibt.

     

    Aber trösten wir uns: auch Reich die Steuern hinterziehen müssen irgendwann sterben (und bis dahin sind sie ? wie andere Studien ja zeigen ? als Verantwortungsträger ja sooooooo einsam. Tja, mit Geheimnissen rudelt es sich halt nicht so locker).

  • TG
    Tino Gessner

    Wer glaubt denn wirklich daran, daß diese "prominenten" Täter "geschoren" davonkommen??? Wo (Finanz)Mittel sind, sind auch Wege...

    Und das eigentlich frustrierende daran ist doch eben, daß sich auch im strafrechtlichen Procedere die vielzitierte ( und zugleich reelle ) Kluft zwischen "Arm und Reich" auftut.

    Wie wäre es denn, wenn Herr Zumwinkel mal 6 Wochen lang in städtischen Parks als 1-Euro-Jobber Laub zusammenkehren und Müllsäcke einsammeln darf. Während ihn vorbeilaufende Passanten von oben herab betrachten. Ein Gefühl, daß zuviele Menschen in unserem Lande kennen.

     

    Tino Geßner

  • JP
    Johan Pauligk

    BILD-Mode on:

     

    Der feine Post-Oberboss Zumwinkel hinterzieht Millionen Steuern!!

     

    Darf man diesen "Manager" einen Sozialschmarotzer nennen?

     

    BILD-Mode off

     

     

    Eher friert die Hölle zu als das solches Verhalten als das benannt wird was es ist.

     

    Der "feine" Herr Z. wird, wie alle Anderen diesen Kalibers auch, mit einer Geldstrafe davonkommen und sich danach bei teuer Wein und Zigarre den Bauch halten vor Lachen über diesen lächerlichen Staat in dem wir leben.

  • M
    Markus

    Es heißt, viele andere werden verdächtigt, es werde weitere Razzien geben. Woanders wird schon der Name der betreffenden Bank genannt! Damit ist doch jeder vorgewarnt, was will man bei den Razzien dann noch finden? Das ist ungeheuerlich, die großen läßt man offenbar soz. schon im Vorfeld laufen, gibt ihnen einen Vorsprung.