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Ermittlungen wegen SteuerhinterziehungZumwinkel bleibt vorerst Post-Chef

Mit Post-Chef Zumwinkel ist erstmals der Vorstandschef eines Dax-Konzerns von der Polizei abgeführt worden. Der Konzern hält ihn dennoch für "vollständig handlungsfähig".

Im Visier der Fotoografen: Klaus Zumwinkel. Bild: dpa

KÖLN taz Am Donnerstagmittag um 12.16 Uhr tauchen zwei silberne Limousinen mit aufgesetztem Blaulicht vor dem mit Flatterband abgesperrten Anwesen Klaus Zumwinkels im noblen Kölner Stadtteil Marienburg auf. Das Tor zur Villa des mächtigen Postchefs öffnet sich. Die beiden gepanzerten Mercedes fahren rückwärts in die Einfahrt und parken direkt vor der Treppe des Hauseingangs. Noch einmal schließt sich kurz das Tor. In Begleitung seines Anwalts und umgeben von Ermittlungsbeamten verlässt Zumwinkel seine Wohnung. Er blickt ernst. Ohne Kommentar steigt der 64-jährige Top-Manager in das vordere Polizeiauto. Dann brausen die Wagen davon - ab zur Vernehmung nach Bochum, zur Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftssachen. Der Verdacht: Steuerhinterziehung in Millionenhöhe.

Um sieben Uhr waren die Ermittler in die Mehlemer Straße gekommen. Sie treffen auf einen offenkundig völlig überraschten Zumwinkel. So dauert es eine ganze Weile, bis den zehn Beamten der Steuerfahndung die Tür geöffnet wird. Bis Zumwinkels erster Anwalt, ein Kölner Steuerrechtler, eintrifft, vergehen fast zwei Stunden. Eine weitere Stunde später erscheint ein zweiter Anwalt. Dessen Frankfurter Kanzlei ist nach eigenen Angaben "ausschließlich im Bereich des Strafrechts und dort insbesondere im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts tätig". Auskünfte zur Sache jedoch erteilt weder er noch sein Kollege. Staatsanwaltschaft und Polizei geben sich vor Ort ebenfalls wortkarg. "Wir dürfen hier keinerlei Auskunft geben", sagt ein Beamter. Nach mehr als fünf Stunden neigt sich die Aktion ihrem Ende zu. Auch die Fahnder verlassen das Haus - mit dicken Aktenordner und Kisten mit Unterlagen.

Erst am Nachmittag wird die Bochumer Staatsanwaltschaft etwas auskunftsfreudiger. Mit Unterstützung mehrerer Steuerfahndungsstellen des Landes und der Kriminalpolizei führe sie "gegen mehrere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Geldanlagen in Liechtenstein", teilt die Behörde schriftlich mit. Im Zuge dieses Verfahrens seien mehrere Objekte durchsucht worden, darunter auch Zumwinkels Büro in der Bonner Postzentrale. Wie es heißt, soll die Operation seit Wochen unter strengster Geheimhaltung geplant worden sein.

Zumwinkel stehe in Verdacht, "mittels Geldanlagen in liechtensteinische Stiftungen Steuern in einer Größenordnung von rund einer Million Euro hinterzogen zu haben", lässt die Staatsanwaltschaft wissen. Ein gegen ihn bestehender Haftbefehl sei allerdings auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der Beschuldigte habe sich zum Vorwurf eingelassen und eine Sicherheitsleistung in "nicht unerheblicher Höhe" angeboten. Weitere Angaben könnten aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht gemacht werden.

Kurz vor seinem Ruhestand ist damit einer der Top-Manager Deutschlands ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Zuletzt hatte Zumwinkel, der sich selbst als Multimillionär bezeichnet, mit einem millionenschweren Aktienverkauf für Negativschlagzeilen gesorgt. Als die Zustimmung des Bundestages zum Post-Mindestlohn die Aktienkurse des Unternehmens in die Höhe getrieben hatte, verkaufte der als "gelbe Eminenz" bezeichnete Konzernlenker im Dezember vergangenen Jahres Postaktien aus einem Optionsprogramm im Wert von 4,7 Millionen Euro. Zumwinkel, der seit 19 Jahren an Spitze des einstigen Staatskonzerns steht, hatte angesichts der Kritik später eingeräumt, er habe einen Fehler gemacht und die Tragweite seiner Verkaufsentscheidung nicht bedacht.

Auf die jetzt erhobenen Steuerhinterziehungsvorwürfe gegen Zumwinkel reagierte der größte Einzelaktionär der Post, der Bund, zunächst zurückhaltend. "Das haben wir nicht zu kommentieren", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Das sei eine Sache der Staatsanwaltschaft. Am Abend teilte die Post mit, Zumwinkel übe ungeachtet der Vorwürfe weiter sein Amt aus. Er sei "vollständig handlungsfähig" und führe mit dem Vorstand "die Geschäfte wie gewohnt fort".

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7 Kommentare

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  • M
    Masado

    Verlogen die sogenannte "ELITE" passt gut zu den überzogenen Managergehältern und der Tatsache, dass sich viele Arbeitslose, kleine Angestellte und Rentner nicht mal mehr ausreichend mit Lebensmitteln versorgen können in diesem schönen Land, weil alles unbezahlbar teuer geworden ist. Wundert sich noch jemand über das auseinanderdriften der Gesellschaft ? Die soziale Marktwirtschaft ist tot. So kann man ein Land auch zugrunde richten.

  • F
    feuerlein

    Schon erstaunlich, wie gierig sich Leute benehmen, die doch genügend Geld in der Hinterhand haben sollten. Selbst wenn sich der Verdacht gegen Zumwinkel als unbegründet erweisen sollte, ist dieser Vorgang natürlich Wasser auf den Mühlen der sogenannten Neiddiskussion.

  • S
    stiemus

    Nicht falsch verstehen, aber: Worüber wundert sich dieses Land eigentlich? Schumacher, Becker, Beckenbauer und Co. zahlen auch keine Steuern. In Deutschland nicht, und an ihren Wohnorten im Prinzip auch nicht. Und in den deutschen Medien sind sie die großen Helden. Dieses Land ist doch moralisch schon längst eine Bananenrepublik, in der der Vorstandsvorsitzende des größten Staatskonzerns dem Staat Millionen Steuern hinterzieht, obwohl er von diesem Staat ein Millionengehalt bezieht. Merkt ihr was?

  • HB
    H. Brody

    Viel Geld schützt vor Torheit nicht !

     

    Oder gebt den Reichen noch mehr Geld, dann besteht vielleicht Hoffnung, das die sich doch noch selbst abschaffen ?!

     

    Jeder mit einer Million, soll seine zweite verschenken...Am ende hat vielleicht jeder eine, oder zweite...?!

  • KB
    Klaus B. - Berlin

    Gier frisst Hirn.

  • RH
    Raimund Hesse

    Es ist doch davon auszugehen, dass die Schwerpunktabteilung der Bochumer Staatsanwaltschaft ihre Einsätze in Köln und Bonn sorgfältig vorbereitet hat. Auch wenn in Deutschland der Grundsatz gilt, erst ein Gericht spricht einen schuldig oder nicht-schuldig, so kommen doch einige Zweifel an einer eventuellen Unschuld des Postchefs auf.

     

    Dass gegen ein Familienmitglied Zumwinkel bereits wegen Steuerhinterziehung ermittel wird, dürfte die jetzige Beweislage doch mehr als erdrückend sein, zumal der Staatsanwaltschaft Bochum entsprechende Kenntnisse vorliegen, dass Klaus Zumwinkel sein Vermögen in absehbarer Zeit von Lichtenstein nach Asien oder zu den Cayman-Inseln verschieben wollte.

     

    Um so bitter ist auch die Tatsache, dass Zumwinkel im verganenen Jahr wegen seiner Spekulationgeschäfte im Blickpunkt der Öffentlichkeit war, nachdem er nach der Entscheidung für die Einführung von Mindestlöhnen bei den Briefzustellern eben mal eigene Postaktien für 4,7 Millionen Euro versilberte. "Ein Schelm, der dabei Böses denkt" und dabei nicht eine geplante Aktion vermutet, die gerade zur rechten Zeit kam.

     

    Es ist einmal mehr als beschämend, das Wirken von Zumwinkel, sollte sich der Verdacht auf Steuerhinterziehung erhärten. Besonders vor der Tatsache, dass der Service der Deutschen Post AG immer schlechter wird, beispielsweise die geplante Schließung etlicher Postfilialen, von der Kostensteigerung im Portobereich ganz zu schweigen - auf den Rücken der Kunden sprich Verbraucher.

     

    Man darf auch gespannt sein, wie sich die Politik dazu äußern wird, denn noch eine hochbrisante Baustelle können Merkel & Co nicht brauchen, die Peinlichkeit in Sachen der angeschlagenen Mittelstandsbank IKB ist grass genug.

     

    Raimund Hesse (Freier Journalist)

  • J
    Jakob

    Korrektorat! Ist doch keine Eilmeldung. Ist ja fast schlimmer als drüben bei der sz.