piwik no script img

Kommentar Ziele der G20Bloß keine Konflikte scheuen

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die großen Ziele können nur scheitern. Bei den restlichen darf es keine Einigung um jeden Preis geben. Niemand braucht kleinste gemeinsame Nenner.

„Weniger Armut“ oder „Ungleichheit befördern“? Kunstaktion von Oxfam Foto: ap

V iel hat sich die Bundesregierung vorgenommen für diesen G20-Gipfel, der am Freitag in Hamburg beginnt. Ein Zeichen für die Mitspracherechte der Zivilgesellschaft soll er senden, Werbung für fairen Welthandel und nachhaltiges Wachstum machen, Entwicklung in Afrika stärken, die Bändigung der Finanzmärkte weiter voranbringen und das Klimaabkommen von Paris gegen Donald Trump verteidigen.

Vieles davon, das ist jetzt schon absehbar, wird nicht gelingen. Statt des versprochenen „Festivals der Demokratie“ gibt es in Hamburg großflächige Demonstrationsverbote, Schikanen gegen campende AktivistInnen und ein martialisches Auftreten der Polizei zu bewundern.

Wie wenig sich beim Welthandel geändert hat, zeigt sich beim geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Japan, das viele Fehler der Vergangenheit wiederholt. Auch die Afrika-Pläne der G20 stoßen bei vielen ExpertInnen auf Kritik, weil sie vor allem auf private Investitionen in große Infrastrukturprojekte setzen, die weniger der örtlichen Bevölkerung als großen Konzernen nutzen. Und auch beim ursprünglichen G20-Kernthema, der Bändigung der Finanzmärkte, geht es derzeit leider weniger um große Fortschritte als darum, das mühsam Erreichte zu sichern.

Beim Klimaschutz hingegen steht wirklich etwas auf dem Spiel: Das Abkommen von Paris gegen US-Präsident Donald Trump zu verteidigen, ist eine extrem wichtige Aufgabe. Dabei ist – ebenso wie bei den meisten anderen erwähnten Themen – naturgemäß eine internationale Kooperation Voraussetzung für Erfolg. Die Beratungen im Rahmen der G20 können darum sehr hilfreich sein. Aber: Es darf keine Einigung um jeden Preis angestrebt werden, sondern die progressiveren Staaten müssen bereit sein, mit den Bremsern in harte Konflikte zu gehen – und den Dissens im Zweifel in der Abschlusserklärung aufzuzeigen.

Beim Klima etwa wäre es fatal, mit Rücksicht auf Donald Trump eine ­abgeschwächte Erklärung zu ­verabschieden, die irgendwelche Zweifel am Paris-Abkommen aufkommen lässt. Um zu zeigen, dass sie es ernst meinen, wäre vielmehr notwendig, dass die „G19“ nicht nur das Paris-Ziel bekräftigen, sondern konkrete Maßnahmen ankündigen, um es auch zu erreichen.

Klarheit ist hier wichtiger als Einigkeit. Einen G20-Gipfel, der sich in allen Fragen am kleinsten gemeinsamen Nenner orientiert, braucht niemand. Im Gegenteil – er würde einen großen Rückschritt bedeuten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Es wäre gut, wenn zu den G20 Teilnehmern auch ein paar Erziehungsberechtigte anwesend wären. Oder LEGO könnte ein paar Steine als Ersatzbausteine liefern. Ein Legostein stünde für 100 Mio. Euro einseitig produzierte Schulden. Vielleicht rührt sich dann was, und hm ja wir diskutieren vielleicht darüber. Ansonsten hilft Airbus one, sieben Hubschrauber, eine Messehalle und täglich neue Eskalationen unter den Betroffenen.

  • Wo bleiben die Aktionen der deutschen Autofahrer gegen den Abgasbetrug ihrer Autoverkäufer?

    Nicht Merkel und die Richtlinien bringen was, sondern große Aktionen von unten wie gegen die Braunkohle Ende Gelände.

    • @nzuli sana:

      Welche letzte große Basisaktion gab es denn weltweit fürs Klima? Keine! Null! Nichts! Nada! Im Gegenteil, das Pariser Abkommen war ein Ergebnis der letzten Gipfel.

  • Deutschland geht in die Gespräche auf derselben Augenhöhe.

     

    Zwar sind die USA und Russland – militärisch gesehen – zwei Weltmächte. Würde das Militärische unberücksichtigt bleiben, so ist die EU und nicht NATO oder ein Land außerhalb der Europäischen Union der wichtigste Player in der Welt. Vieles hängt von der EU ab:

     

    Weltfrieden und Dialog an Stelle von Kriegen,

    Bewältigung der Fluchtlingsursachen,

    Bekämpfung der Armut in der Welt und Entwicklungshilfe,

    Bekämpfung des Terrorismus nicht nur militärisch,

    Schaffung von Arbeitsplätzen und Vertreibung moderner Waren,

    Ärztliche und Humanitäre Hilfe in den Kriegsgebieten und armen Ländern,

    Sicherung der Zukunft durch rechtzeitige Energiewende,

    Schaffung weltweiter Partnerschaften ...

  • "Beim Klima etwa wäre es fatal, mit Rücksicht auf Donald Trump eine abgeschwächte Erklärung zu verabschieden, die irgendwelche Zweifel am Paris-Abkommen aufkommen lässt."

     

    Die größten Zweifel am PAriser abkommen sind, dass alle sich zu etwas verpflichten sollen (Indien wird m.W. kompensiert), aber dieses Land

    https://realclimatescience.com/wp-content/uploads/2015/09/ScreenHunter_10514-Sep.-24-01.15.gif

     

    soll für die nächsten 13 Jahre völlig freie Hand bekommen.

    Schon eine einfache Interpolation entsetzt.

     

    Also was wird hier verteidigt? Das Klima oder der chinesische Anspruch?