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Kommentar WesterwelleZu feige für den Putsch

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Die Entmachtung Westerwelles zum Parteitag wird wahrscheinlicher – doch die Worte seiner Gegner sind doppelzüngig. Und diese Feigheit ist bei der FDP seit Jahren ein Problem.

N un also auch sie. Wenige Tage vor dem Dreikönigstreffen kritisiert Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Parteichef Guido Westerwelle und lobt dessen Generalsekretär Christian Lindner als möglichen Nachfolger aus. Damit gesellt sich die Justizministerin zu den vielen Freidemokraten, die einen Absturz der FDP bei den anstehenden Landtagswahlen fürchten und vorsorglich den Parteichef dafür verantwortlich machen. Doch Westerwelles Gegner tragen eine Mitschuld an der Lage ihrer Partei. Ihre Kritik am Parteichef ist halbherzig und kommt viel zu spät.

Zwar wird eine Entmachtung Westerwelles auf dem Bundesparteitag im Mai damit immer wahrscheinlicher, aber auch Leutheusser-Schnarrenberger fordert nicht offen Westerwelles Kopf. Vielmehr sind ihre Worte - wie die fast aller Westerwelle-Gegner - doppeldeutig: Sie übt zwar Kritik am großen Vorsitzenden - sie wahrt aber auch das Gesicht, sollte ein Putsch gegen ihn ausbleiben. Die Feigheit führender FDPler in der größten Parteikrise seit eineinhalb Jahrzehnten ist Teil des Problems, das sie beklagen.

Jene, die heute murren, haben es zu Oppositionszeiten zugelassen, dass Westerwelle die Partei ganz auf sich ausrichtete. Ein Gesicht, ein Thema: Das drang durch zu den Wählern. Kritik wurde nur in Hinterzimmern und folgenlosen Parteitagsdebatten geäußert. Der Erfolg schien Westerwelle recht zu geben - und sie profitierten davon.

Bild: privat
MATTHIAS LOHRE

MATTHIAS LOHRE ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.

Heute zeigen sich die Spätfolgen dieses Opportunismus. Die selbst erklärte Partei der Eigenverantwortung hat das selbstständige Handeln verlernt. Sie fürchtet den Wandel, weil sie nicht weiß, was und wer die Ära des Parteichefs beerben soll. Westerwelles FDP mag nur einen Kopf und ein Thema zu bieten haben. Seinen Gegnern fehlt selbst das.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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9 Kommentare

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  • W
    Westberliner

    Nicht nur Westerwelle abschalten, Schwarz-Gelb abschalten.

  • A
    Amos

    Armut halten um Reichtum zu schaffen-, das ist doch die Maxime der FDP (und Merkels nicht minder). Vom Kapital vor den Karren gespannt,um die Funktionäre der Wirtschaft zu bedienen. Die Almosen für die Bedürftigen trägt die Allgemeinheit. Der Aufschwung ist ja wieder mal da, nur weiß diesmal keiner, wo er sich rumtreibt.

  • GF
    Gerda Fürch

    Ein einziger Programmpunkt - hier: angeblich digitale Bürgerrechte - reicht für eine Partei aber gar nicht aus! Zumal die FDP sich mit ihren erträumten 18 % schon als "Volkspartei" wie CDU, CSU und SPD gesehen und präsentiert hat! Liberale, und gerade Neoliberale, sind an ihrem Wortschatz und an ihrer Wortwahl/Phrasenwahl sehr schnell als Liberale erkennbar und durchschaubar, nämlich als unveränderte Liberale seit dem 19. Jahrhundert und seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Etliche waren gerade als Liberale auch in der Zentrumspartei organisiert.

     

    Schon vergessen?

     

    Wie war denn die bürgerliche Haltung und bürgerliche Demokratieeinstellung/das bürgerliche Demokratieverständnis der Liberalen in der verfassungsgebenden Versammlung zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949?

  • K
    Katrin

    Hmm. Ganz ehrlich: Wenn ich mir die Biographie von Leutheusser-Schnarrenberger durchlese dann halte ich sie für die mutigste Kämpferin für digitale Bürgerrecht im Politbetrieb neben der Piratenpartei. Also: so facettenlos ist die FDP doch gar nicht.

  • A
    AlterKnacker

    Was soll dieser Mensch Westerwelle auch schon außer Politik machen? Als Anwalt ist er schon so lange aus dem Beruf, da kann er nur noch versagen.

  • K
    Kara

    Peinlicher als Westerwelle sind nur jene, die sich hirnlos hinter ihn und seine Gehirnwäsche artigen Formeln gestellt haben, also seine Parteigenossen und seine Wähler.

     

    Schlimm ist auch, dass durch den Einzug der FDP ein wichtiger Finanzexperte, Steinbrück, für Deutschland verloren gegangen ist.

     

    Wichtige Entscheidungen werden von Schwarz-Gelb nicht oder nur in Zeitlupe getroffen, es dauert immer ein Jahrzehnt eh mal ein Stein auf den anderen gesetzt wird. Aber diese Lethargie kennen wir ja schon von der gefühlt unendlichen, Depressionen auslösenden Kohl-Periode.

     

    Der mitdenkende Bürger erstickt an dieser allgegenwärtigen verlogenen Parteien-Politik. Wo sind die Wissenschaftler, die unser Land, diese Welt in eine humanere Zukunft führen können ....??

  • M
    Martin

    Sehr schöner Kommentar!

    Westerwelle selber hat sich gar nicht substantiell verändert, auch seine Inhalte nicht.

    Solange die Wähler drauf angesprungen sind, war keine Kritik aus der FDP zu hören.

     

    Es wird ja auch bei aller Kritik an ihm in letzter Zeit nie richtig ausformuliert, was es denn genau sein soll, dass neuerdings so untragbar an ihm ist. Weil da nämlich nix an ihm ist, dass sich erst kürzlich geändert hätte.

     

    Und was inhaltlich politisch das Gegenprogramm zu ihm sein soll, wird auch nicht ausformuliert.

    Außer "Steuern runter" scheinen auch die anderen FDP-Leute nichts vorzuschlagen zu haben.

     

    Das ist die pure Panik durch die schlechten Umfragewerte, die die Partei plötzlich in Aktionismus verfallen lässt.

  • W
    Westberliner

    Westerwelle soll bleiben. So habe ich die Hoffnung, dass die FOP auf Dauer verschwindet.

  • AA
    Alfons Alias

    Feigheit, Probleme zu bewältigen ist doch eigentlich der Charakter der Partei, FDP.

    Als ständiger Mehrheitsbeschaffer und damit als Abstauber von Posten ist doch rückblickend fast immer das Ziel der Partei, in allen Ebenen gewesen. Es gab doch mal die Einstellung, wenn man schnell einen Posten in irgendwelchen Gremien haben wollte, dann gehe in die FDP, da wenig Mitglieder. Ein klares konkretes durchführbares politisches Ziel ist nicht zu erwarten. Der letzte Wahlerfolg der FDP war doch nur möglich weil der Wähler ROT-GRÜN abstrafen wollte und nicht erkannt hat das, das Parteiprogramm der FDP nur populistisch war (Mehr Netto vom Brutto) und keine konkrete Substanz hatte. Jetzt hat man wieder Angst, Farbe zu bekennen, denn es könnte ja Posten kosten