piwik no script img

Kommentar Wahlprogramm der UnionEintopf mit Wursteinlage

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Die Union präsentiert ihr Wahlprogramm. Darunter sind Klassiker von innerer Sicherheit bis zur Familienpolitik. Was fehlt, ist eine gesamtgesellschaftliche Idee.

Lecker Wursteinlage. Mit sowas geht die CDU/CSU auf Stimmenfang Foto: ap

E in bisschen fad schmeckt das schon. Mit ihrem „Regierungsprogramm“, das CDU und CSU an diesem Montag präsentieren, serviert die Union den Wählerinnen und Wählern einfach einen Nachschlag von jenem Eintopf, den sie schon 2013 gekocht hat. Nur diesmal – wegen der guten Finanzausstattung des Bundes – mit extra Wursteinlage.

Keine Vision, keine neue Idee. Stattdessen greifen Angela Merkel und Horst Seehofer einfach zur größeren Kelle und schaufeln jenen die Steuergelder auf die Teller, denen es ohnehin ganz gut geht und von denen CDU und CSU auf ein Kreuzchen am Wahltag hoffen. Hat doch vor vier Jahren auch geschmeckt – kochen wir einfach noch mal.

Ja, stimmt, das hat 2013 geklappt. Und so, wie es aktuell ausschaut, wird es auch diesmal wieder funktionieren. Die Mitte der Gesellschaft mag gern Hausmannskost. Mehr Polizei, mehr Steuerentlastungen für Gutverdiener, mehr Kohle für die Bundeswehr. Und dann ran ans Familienthema: Kinderfreibetrag hoch, mehr Kindergeld. Außerdem Baukindergeld, Abschreibungsmöglichkeiten für Häuslebauer, Rechtsanspruch auf die Hortbetreuung von Grundschulkindern.

Zudem ein Versprechen, das zuletzt in der untergegangenen DDR gegeben ward: Vollbeschäftigung bis 2025. Fehlt nur noch, dass die Union wie weiland Erich Honecker „soziale Sicherheit und Geborgenheit“ verheißt.

Fehlt nur noch, dass die Union wie weiland Erich Honecker soziale Sicherheit und Geborgenheit verheißt

Schon wahr, es meckert sich leicht über Wahlprogramme. Bietet die Union nicht einfach an, wovon sie als Partei der sozialen Marktwirtschaft am meisten versteht – Sicherheit und Arbeit? Ja, tut sie. Was jedoch fehlt, ist eine gute, eine fühlbare Vision, wie sich dieses Land in den kommenden vier Jahren verstehen könnte. Wie das Miteinander organisiert werden sollte in Zeiten des Terrorismus, tiefer werdender sozialer Klüfte, des gesellschaftlichen Rechtsrucks und global zunehmender Ungerechtigkeit. Da bietet der Mitbewerber SPD einfach mehr an.

Gerechtigkeit ist ein griffiges, ein fühlbares Wort für alle. Sicherheit ein Begriff, mit dem die Abgehängten dieser Gesellschaft schon länger nichts mehr anfangen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • Im Prinzip ist es völlig egal, wenn man wählen will, für den Durchschnittsarbeiter und die Menschen, die nicht in Arbeit stehen oder in prekären Arbeitsverhältnissen stehen, kommt überhaupt nichts dabei raus!

    Alleinerziehende und Hartz IV Empfänger fallen ganz hinten runter.

    Egal welche Partei man sich anschaut, sie bedienen ausschließlich ihre Klientel, die besonders gute Lobbyisten am Start haben.

     

    Durch diese Art der Politik wird eine geplante Spaltung der Bevölkerung erzwungen, denn ein Volk, welches sich in die, denen es Gut geht und die, denen es nicht Schlecht, aber schon gar nicht Gut geht, lässt sich besonders gut von oben herab regieren, denn man muss nur hin und wieder mal dem einen, mal dem anderen Part etwas leckeres vor die Füße werfen, schon lässt sich wieder bequem auf Mehrheiten reiten!

     

    Es ist doch hinreichend bekannt, wenn man sich auf eine Politik der Alternativlosigkeiten berufen will, so wie es die Regierung seit Jahren tut, ist es viel wichtiger, die Menschen auf einem bestimmten Level festzunageln.

     

    So glaubt jede Hälfte, die denen es Gut geht und jene, denen es nicht Gut geht, es wird schon das Richtige für alle dabei heraus kommen, auch wenn es überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist.

     

    Was Deutschland dringend braucht, ist eine alternative, wählbare Partei, die alle mitnehmen kann, vom Hartz IV Empfänger über den Facharbeiter bis hin zum Milliardär.

    Wir brauchen eine gesellschaftliche Parteienrevolution, vom Wähler ausgehend.

    Die bestehenden Parteien sind so festgefahren, da kommen sie nie wieder heraus, weil die Klientel sie nicht lassen!

  • und Rentner_innen, behinderte Menschen und Erwerbslose dürfen sich eventuell auf ein paar Reste via der Tafel freuen.

  • Ja wo ist sie denn, die "gesamtgesellschaftliche Idee" irgendeiner Seite?

    Von (ultra)-Links bis (ultra)-Rechts werden doch nur noch die seit Jahrzehnten ewig gleichen Phrasen gedroschen.

    "Gerechtigkeit"? Ja, das ist die ausschließlich finanzielle Betrachtung der "Gesamtgesellschaft" die sich umgehend mit "Neiddebatte" beantworten lässt.

    Vom gewünschten Manchesterkapitalismus bis zur postulierten uniformen klassenlosen Gesellschaft, es existieren keine neuen Ideen.

    Die ach so progressiven Ideen wie Bürgereinkommen oder Enteignungen sind auch nichts Neues und haben ihre Undurchführbarkeit bereits bewiesen.

  • Da die CDU nicht alleine regieren kann, ist das Wahlprogramm wie immer nur wertloses Papier. Nimmt sie die FDP als Partner bekommt sie Schwierigkeiten ihre Ideen von "innerer Sicherheit" durchzusetzen und braucht sie auch noch Die Grünen, dann ist auch nix mit Steuergeschenken in all zu großem Maße.

    Wobei die sowieso nur Illusion sind. Kaum ein Land ist abhängiger von der Weltwirtschaft als die BRD. Und wenn ich mir die Ölpreise gerade angucke, dann rennen wir eh gerade in die nächste platzende Blase hinein. Die kommt bestimmt während der nächsten Legislaturperiode.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Eintopf hier, Eintopf dort.

    Vielleicht hat die SPD etwas mehr 'Wursteinlage' in ihrem Gericht.

    Toll finde ich, dass auch die CDU/CSU die Häuslebauer unterstützen will, Flächenfraß, Zersiedelung was ist das? Noch nie gehört von. Die, die wenig Geld haben können nicht bauen und bekommen irgendwann nur noch Wohnungen ganz, ganz weit draussen, in der tiefsten Provinz. Ja, und der Soli wird dann irgendwann 2030 abgeschafft, 40 Jahre nach der Wiedervereinigung. Die Milliarden werden schließlich gebraucht, für die Landesverteidigung.

    Wie's aussieht gibt es ab Herbst weitere vier Jahre für 'unsere' Königin Angela I. und Eintopf für (fast) alle hier in Deutschland.

  • Ehrlich? Der "Mitbewerber SPD" bietet "einfach mehr an"?

     

    Ich bin dem Link gefolgt, der am Schluss dieses Textes steht. Ich habe den Ulrich-Schulte-Artikel nochmal gelesen. Außer einem "Mehr" an grundlosem Optimismus und einem lauten Pfeifen im Wald habe ich auch dieses Mal kein Angebot gefunden.

     

    Die Union ist nur deswegen so stark, weil die SPD so schwach ist. Sie bietet einfach keine zeitgemäße Alternative an zu Merkels Status-Quo-Politik. Wenn man den Demoskopen glaubt (die für alle Parteien die gleichen Umfragen mit dem gleichen Ergebnis durchführen – Geld ist schließlich neutral), wollen auch SPD-Wähler vor allem eins: Eintopf mit Wursteinlage. Und die sollen sie nach Ansicht der Parteiführung auch haben am Wahlsonntag. Weil: Dann hat man nachher wieder eine Zeit lang seine Ruhe.

     

    Es wird also allenthalben im Eintopf gerührt. Die SPD schmeißt Lyoner rein, die Grünen Tofuwürfel und die Union Blutwurst. Reine Geschmackssache, das. Keine Idee. Nirgends.

     

    Und noch etwas haben alle Parteien gemeinsam: Sie können nicht per Basta herrschen. Wähler wollen überzeugt werden, nicht genötigt. Überzeugen aber ist unter der Würde klassischer Führer – und oft auch über ihrer Kompetenz. Davon ganz abgesehen haben es ertappte Lügner immer noch besonders schwer.

     

    Ich sehe derzeit niemanden mit einer gesamtgesellschaftlichen Idee. Das finde ich nicht einmal besonders erstaunlich. Parteipolitik war und ist Klientelpolitik. Da hilft es auch nicht, mit dem Zeigefinger auf andere zu zeigen – und dabei großzügig zu übersehen, dass drei von fünf Finger auf einen selbst verweisen.

  • Och, das Miteinander , die Sozialen Klüfte? Ich weis was am Ende steht , ich kann mehr schuften , sprich zahlen. Aber nein , von dir doch nicht, nur die Reichen! Seit 50 Jahren immer dasselbe.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Das ist der Unterschied zwischen Linken und Konservativen: erstere wollen das Gute, letztere das Richtige.

    Utopie & Idealwelt versus Pragmatismus & Realwelt.

     

    Die wenigen Realisten im linken Spektrum wie Schröder oder Schmidt, werden in den eigenen Reihen nicht geliebt, ihre Entscheidungen (Agenda2010) verteufelt.

    Die größte gegenwärtige Eselei der SPD ist es, die Agenda2010 rückabwickeln zu wollen. Als ob die Zustimmung in der Bevölkerung zur SPD dadurch wachsen würde. Wenn die schlechten Umfragewerte der SPD der Agendapolitik geschuldet wären, wie erklärten sich dann die deutlich besseren Umfragewerte für CDU/CSU?

    Die Mehrheit der Bevölkerung ist schlauer und unidealistischer als es die Linke glaubt. Die Mehrzahl der Wähler spürt, wer am besten dafür Sorge trägt, dass der Bauch voll und der Schlaf ruhig ist.

     

    Abgesehen davon hat die Vergangenheit eindrucksvoll und nachhaltig gezeigt, was real existierender Sozialismus bedeutet.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      "Die Mehrheit der Bevölkerung ist schlauer und unidealistischer als es die Linke glaubt. Die Mehrzahl der Wähler spürt, wer am besten dafür Sorge trägt, dass der Bauch voll und der Schlaf ruhig ist."

       

      Hat man ja jetzt im UK gesehen, wo Corbyn mit 40% ein Ergebnis eingefahren hat, von dem die SPD nur träumen kann. Die Zeit der "New Labours" und "Agenda-Sozis" geht zuende.

      Gut dem Dinge.

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Da vergessen Sie die Anti-Brexit Stimmen.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      "Die größte gegenwärtige Eselei der SPD ist es, die Agenda2010 rückabwickeln zu wollen."

       

      Die größte Eselei der Agenda 2010 ist Senkung der Arbeitslosigkeit durch Verbilligung der Arbeit. Sehr zukunftsträchtig.

  • "Da bietet der Mitbewerber SPD einfach mehr an."

     

    Was die SPD wirklich mehr anbietet, ist nur heiße Luft. Damit wird man den Wahlkampf wieder einmal zielsicher verlieren.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Wer eine Vision hat, der soll zum Arzt gehen."

     

    Helmut Schmidt

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      "Keine Experimente!"

       

      CDU unter Adenauer.

      • @571 (Profil gelöscht):

        „Draußen gibt's nur Kännchen“

        http://www.pink-panthers-reisetruppe.de/turniere/timmen94k.html

        • @Rainer B.:

          Scheiß auf Metaphern, die sind böse uns heiß.

          • @lions:

            Dann trinken Sie doch mal ein Glas!

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          herrlich

  • Die CDU ist eine konservative Partei. Der Kerngedanke des Konservativismus ist das konservieren bestehender Werte, Normen und Regelungen. Entsprechend überrascht das Abhandensein von Visionen und progressiven Themen nicht wirklich. Das ist so natürlich nicht in Gänze wahr. Die CDU ist was Technologie angeht deutlich progressiver als zum Beispiel die Grünen aber das ist eben eine Thematische Ausnahme, weil diese wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt.

    • @disenchanted:

      "Die CDU ist was Technologie angeht deutlich progressiver als zum Beispiel die Grünen aber das ist eben eine Thematische Ausnahme, weil diese wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt."

       

      Also das hängt wohl von der jeweiligen Technologie bzw. Sparte ab. Der Energiesektor ist da nur das plakativste Beispiel.

  • Visionen, mmh!

    Im letzten Vierteljahrhundert gab es die

    Wiedervereinigung ( Vision blühende Landschaften )

    EURO-Einführung ( Vision prosperierendes Europa )

    Hartz4 ( Vision effizienter und gerechter Sozialstaat )

    Energiewende ( Vision billige und saubere Energie )

    RefugeeWellcome Politik ( Vision BRD Einwanderungsland )

    All das war wahrscheinlich alternativlos und brachte auch viele Vorteile, war aber auch für viele Bürger sehr anstrengend.

    Insofern kann ich gut verstehen, dass Eintopf mit Wursteinlage gar kein so schlechtes Wahlprogramm ist.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Zhijun:

      Wenn um die Wurst gestritten wird, kommt sie wieder raus.