Kommentar Wahlen in Norwegen: Und Breivik freut sich
Menschen unterschiedlicher Herkunft können nicht zusammenleben. Dieses Weltbild ist mit der Rechtskoalition im Kabinett in Oslo angelangt.
Nicht antworten!“, raunte die Vorsitzende der Fortschrittspartei, Siv Jensen, jüngst auf einer Pressekonferenz ihrer Nebenfrau zu. Und Erna Solberg, die designierte Ministerpräsidentin, gehorchte: „Kein Kommentar!“
Dabei war das, was der Journalist wissen wollte, überaus relevant: Ob in der Regierung in Oslo ein Kabinettsmitglied sitzen werde, das wirklich glaube, Norwegen und Europa würden von einer schleichenden Islamisierung überrollt. Denn so hat Jensen immer wieder ihre Idee von der Wirklichkeit beschrieben.
Die Szene illustriert nicht nur, wer in Norwegens neuer Rechts-Koalition wohl das Sagen haben wird. Was vor allem erstaunt: Der künftigen starken Frau des Landes wird keine Stellungnahme abverlangt zu einer Vorstellungswelt, die in engster Nähe jener „Eurabia“-Konspirationstheorien angesiedelt ist, welche den Terroristen und Ex-Fortschrittsparteigenossen Anders Behring Breivik prägten. Normalerweise wird sie danach nicht einmal gefragt. Bezeichnenderweise kam die Frage auf der Pressekonferenz von einem Auslandskorrespondenten.
Der 22. Juli 2011 ist in Norwegen mittlerweile ein politisches Tabu. Über die Ideologie, die hinter dem Terror stand, wird nicht mehr geredet. Als ob Breiviks Gedanken die eines einsamen Irren gewesen wären. Als ob er nicht in dieser Gesellschaft und in der ausländerfeindlichen Fortschrittspartei sozialisiert worden sei.
Doch ließe man die Fragen zu, stünde auch die Verantwortung anderer PolitikerInnen oder der Medien im Scheinwerferlicht. Ein Weltbild, in dem „die“ und „wir“ – also Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion – nicht zusammenleben können, ohne dass Norwegen vor die Hunde geht, ist am Kabinettstisch in Oslo angekommen. Allzu wenige scheint das zu stören. Breivik dürfte sich freuen in seiner Zelle.
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