piwik no script img

Kommentar Wahl in ÖsterreichFesch verpackter Populismus

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Kurz wird Kanzler – wohl mit der FPÖ. Eine Fortsetzung der SPÖ-ÖVP-Koalition wäre ein Selbstmordkommando. Der SPÖ bleibt nur die Opposition.

Sebastian Kurz (ÖVP) im Zentrum des Interesses – und bald der Macht Foto: AP

K onservativ ist wieder sexy. Das findet nicht nur die CSU in ihrem jüngsten Dekalog. Auch Österreich hat sich in den Wahlen am Sonntag für traditionelle Werte entschieden, fesch verpackt in modernes Outfit vom jungen Außenminister Sebastian Kurz.

Dass der Sieg mit rund 30 Prozent nicht so überzeugend ausgefallen ist, wie die Umfragen über Monate prophezeit hatten, dürfte am Medienhype liegen, der die Strahlkraft des Senkrechtstarters noch unwiderstehlicher erscheinen ließ. CNN feiert das „Austrian Wonderkid“. Die immer gleichen Stehsätze, die er im Wahlkampf abspulte – Zuwanderung ins Sozialsystem stoppen, Mittelmeerroute schließen –, dürften aber viele potenzielle Wählerinnen und Wähler gelangweilt und genervt haben. Dennoch haben diese Wahlen die österreichische Politlandschaft zutiefst verändert. Die strukturelle rechte Mehrheit ist deutlicher geworden.

Der SPÖ ist zwar der von vielen prognostizierte Totalabsturz erspart geblieben. Dass sie aber mit dem schlechtesten Ergebnis aller Zeiten nur knapp vor der FPÖ zu liegen kam, dürfte die kurze Politkarriere des abgewählten Kanzlers Christian Kern beenden.

Da das Wahlmotiv Veränderung bei Exit Polls noch vor der Furcht vor Zuwanderung genannt wurde, dürfte eine Fortsetzung der SPÖ-ÖVP-Koalition – wenn auch in umgekehrter Reihung – einem Selbstmordkommando gleichkommen. Alles spricht also dafür, dass die FPÖ von Heinz-Christian Strache zum Königsmacher wird. Da Sebastian Kurz seine Asyl- und Zuwanderungspolitik weitgehend von der FPÖ abgeschrieben hat und auch in der Wirtschaftspolitik die Überschneidungen groß sind, erscheint eine Neuauflage von Schwarz-Blau – diesmal in der Variante Türkis-Blau – als logische Folge.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Allein der Jubel, der im ÖVP-Lager aufbrandete, als das FPÖ-Ergebnis in der ersten Hochrechnung angezeigt wurde, deutet an, wo es hingehen wird. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat so viel Kreide gefressen, dass viele nicht mehr wahrnehmen, wie viele Rechtsextreme sich in der zweiten und dritten Reihe tummeln. Für die Sozialdemokraten ist nach diesem Wahltag alles andere als die Opposition nicht denkbar.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Den Arbeitern und Arbeitslosen, die FPÖ (z.T. auch ÖVP) gewählt haben, denen geht es offenbar zu gut.

    Beide Parteien werden nun einen deftigen Sozialabbau herbeiführen. Den haben sich die werktätigen Wähler dieser Parteien dann selbst zuzuschreiben.

    Mit denen sollte man dann auch kein Mitleid haben.

    Sie haben es eben so gewollt.