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Kommentar Wahl in HamburgEin Sieg der SPD, mit Merkels Mitteln

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Der Wahlerfolg von Olaf Scholz ist auf eine Art Mimesis zurückzuführen. Er fährt eine Politik, wie sie nur die Kanzlerin beherrscht.

Der Stratege der Mimesis: SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz. Bild: reuters

W arum hat Olaf Scholz diese Wahl gewonnen? Er wirkt sachlich, verbindlich, wirtschaftsnah – und charismafrei, genau wie die Kanzlerin. Und das erklärt wohl einiges. Auch Scholz achtet darauf, sich bloß nie zu weit von der Mitte zu entfernen. So hat der SPD-Rechte so traditionelle CDU-Themen wie Wirtschaft und innere Sicherheit gekapert. Und es gibt noch eine Verwandtschaft zwischen dem Hamburger Bürgermeister und der Kanzlerin: Beide inszenieren Politik als Dienstleistung, als gute Verwaltung. Offenbar liest man das heutzutage nicht als Kapitulationserklärung der Politik, sondern als Zeichen von Selbstbeschränkung und Bescheidenheit.

Als politische Metapher gelesen zeigt Scholz’ Erfolg, dass die Partei der Kanzlerin nur per Mimesis zu schlagen ist. Nur mit Merkel gewinnt man gegen Merkel. Der Kollateralschaden dieses politischen Stils ist in Berlin und Hamburg auch ähnlich: eine weitgehende Entpolitisierung. Wahlkämpfe in den Ländern haben oft etwas Bemühtes. Die Spielräume sind in Zeiten der Schuldenbremse und Konsenssuche in der Schulpolitik begrenzt. Doch ein derartig leeres Spektakel wie in Hamburg hat man selten gesehen.

Was ist von Wahlen zu halten, in denen die Erweiterung von Busspuren noch zu den brisanteren Themen gehört? Die FDP hat erst gar nicht versucht so zu tun, als wolle sie etwas – außer in die Bürgerschaft zu kommen. Dass die Liberalen damit auch noch Erfolg haben, ist eine ironische Pointe – und Zeichen für die Verwandlung klassischer Interessenvertretung in postpolitische Simulation. Ein Indiz für die Rettung der FDP ist das jedenfalls noch nicht. Vorsichtig sollte man auch mit der Klage über die gestiegene Wahlabstinenz sein: Wenn die Politik nur noch ungefähr angeben kann, worum es geht, darf man sich über das stumme Publikum nicht wundern.

Dass die CDU in der Elbmetropole derart massiv verloren hat, fügt sich in ein größeres Bild. In keiner der zehn größten deutschen Städte regiert ein Christdemokrat. Das hat etwas Paradoxes: Denn die CDU hat sich unter Merkel dem liberalen, ökologischen, urbanen Bürgertum geöffnet und auch deshalb im Bund 2013 gesiegt. Doch vor Ort ist die CDU wieder dort angekommen, wo sie vor Merkels Bewegung auf die städtische Klientel hin war: in der Opposition.

Kann, muss die Bundes-SPD nun von Scholz für 2017 lernen? Eher nicht. Der Sieg durch Nachahmung funktioniert nur, wenn man schon regiert. Aus der Opposition die Regierung zu imitieren ist meist weniger ratsam.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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10 Kommentare

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  • Guter Kommentar.

     

    Man darf aber eine Sache nie vergeßen: Hamburg ist eine Medienhochburg und die Unternehmer / Inhaber-Familien drehen hier durchaus mit am Rad. Und da hat es im Hamburger Establishment blankes Entsetzen über Ole von Beust und seinen Nachfolger gegeben: Diese Art der Regierung war einfach vielen unerträglich.

     

    Das fingt damit an, dass die CDU-Wähler selber gar nicht die städtischen Krankenhäuser privatisieren wollten und endete in der Elbphilharmonie, die Millionen verschlingt und eigentlich überflüssig ist. Dazu noch der wenig konservative Lebensstil der CDU-Führung und schon waren maßgebliche Kreise geneigt, einem Scholz die Stadt anzuvertrauen.

     

    Selbst Springer hat Scholz bislang geschont, obwohl man sonst gerne gegen SPD-Bürgermeister ein wenig quer schoß.

     

    Grundsätzlich fehlte auch jeder Kontrast im Wahlkampf. Selbst die Linke machte kein Tempo, plakatierte lamm und oft wurden Großveranstaltungen kaum beworben. Frontale Angriffe auf die SPD vermied die Partei aus unerklärlichen Gründen.

    Bei Facebook schliefen sie auch zu lange, so dass nicht mal von ganz Links Stimmung aufkommen wollte.

     

    Ob das Scholz-Verfahren an Merkel angelehnt ist, bezweifele ich, aber Scholz hat eine Sache sehr gut gelernt: Er sagt lieber nichts, als etwas zu riskieren. Er ist eigentlich ein eher stummer Politiker. Auch hat er sich auf der bundesebene der Partei extrem zurückgehalten, obwohl er sicherlich genau im Bilde ist, was dort passiert. Viele Wähler haben das wahrscheinlich alles für hanseatisches Understatement gehalten, was es ja nie war. Auch seine Wählerverluste konnte er ja ganz gut ausschweigen, wenig wurde darüber nachgedacht, warum der populäre Mann ja Stimmen verloren hat.

  • Leider macht der Autor von auswärts einen gravierenden Fehler: Er reduziert ein Wahlergebnis einzig und allein auf den Wahlkampf. Was die Parteien jeweils in den vergangenen vier Jahren gemacht haben, scheint für ihn gar keine Rolle zu spielen, obwohl seit jeher der Grund für Zugewinne und Verluste waren. So kann man sich eine Entpolitisierung natürlich auch herbeireden.

  • "Politik...als gute Verwaltung."

    Oder: Verwaltungsangestellte machen das Mögliche. Politik ohne Politik.

    Behördenleiter als Stadtregierung.

    Ja, das trifft es.

    Und die Mehrheit der Wähler findet das ok.

  • Solche Politiker/Innen die nur einiges zu Ihren Gunsten Verwalten können und mit Dienstleistungen eher die Dienste für das eigene Personal und das eigene Klientel meinen, bringen jedes Land in den Ruin.

     

    Ohne wagemutige Visionen, ohne Zukunftsprojekte, ohne nachhaltige Veränderungen in der Gesellschaft und auch der Wirtschaft sind Sie alle auf Dauer zu scheitern verurteilt!

     

    Die Geschwindigkeit mit der man sich bewegt ist heute wichtiger als die aktuelle Position! Welche Geschwindigkeit hat die Oma Merkel, oder der Opa Scholz? Fast keine, also gleich NULL.

     

    Beide wollen alles beim alte belassen und Ihre Zeit -so lange wie möglich- eigentlich auf Kosten der dringend notwendige Reformen absitzen!

    Das kann und wird nicht gut gehen.

    • @Malcon Gandie:

      welchen Reformen denn?

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "“Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.” (chinesisches Sprichwort)

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Mit Merkels Mitteln? Solche Beleidigung hat Olaf Scholz nun doch nicht verdient.

  • Der Wahlerfolg von Olaf Scholz? Bislang bemisst er sich daran, nur 2,7 % verloren zu haben und nciht wie dei CDU volle 6,1 %. Bei der CDU ist es zwar eine historische Schlappe, aber die Stimmen gingen in das geistige Umfeld der CDU und landeten bei der AfD. Die CDu sollte sich vor geistiger Brandstiftung und deren Verhanmrlosung hüten: Das ist alels Wasser auf dei Mühlen der AfD.

    • @Celsus:

      Scholz Erfolg bemisst sich darin, weit über 40% und fast die absolute Mehrheit erreicht zu haben. Mit Verlaub, die Einleitung Deines Kommentars ist Unsinn.

      • @Viccy:

        Mit 41,4 % weit über 40 %? O wei. Mit 2,7 % Verlust an Stimmen vor der vorigen Wahl hat sie weit mehr verloren, als sie über 40 % liegt. ;-)