Kommentar Waffenstillstand Ostukraine: Vage Hoffnung auf Frieden
Ein Waffenstillstand für die Ostukraine wurde vereinbart. Das ist gut. Besser ist: Auch Russland unterstützt die Feuerpause.
M it der Vereinbarung eines Waffenstillstands für die Ostukraine ist dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier ein Coup gelungen, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Immerhin handelt es sich um den einzigen militärischen Konflikt in Europa: einen, der seit mehr als zwei Jahren andauert und der bereits 10.000 Menschenleben gekostet hat. Gut ist auch, dass die Einigung in Kiew getroffen wurde und nicht in Minsk, das nach zwei nicht umgesetzten Friedensabkommen mittlerweile für eine Sackgasse in Sachen Ostukraine steht.
Bemerkenswert ist weiter, dass die Feuerpause auch von Moskau unterstützt wird – auch wenn der Name des russischen Präsidenten nicht fällt. Die Initiative geht auf Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zurück, deren Vorsitz in diesem Jahr Deutschland innehat. Die regelmäßigen detaillierten OSZE-Berichte legen den prorussischen Kämpfern, die von Russland nachweislich versorgt und bewaffnet werden, schwere Verbrechen wie Mord, Folter, Entführungen zur Last.
Was den Kreml besonders schmerzen dürfte, ist die Entscheidung der OSZE, bei der Parlamentswahl in Russland am kommenden Sonntag keine Wahlbeobachter auf die Krim zu schicken. Das dürfte die Legitimation der Wahlen in ganz Russland in Zweifel ziehen. Und erklärt unter anderem den gegenwärtigen Kuschelkurs Russlands gegenüber Europa.
Spektakulär ist zudem, dass Steinmeier und sein französischer Kollege einen Besuch in die ostukrainischen Städte unmittelbar an der Frontlinie unternommen haben. In Kramatorsk sind Steinmeier und Jean-Marc Ayrault von Demonstranten empfangen worden, die gegen den „Sonderstatus von Donbass“ protestierten.
Diese Forderung, auf die Russland pocht, ist Bestandteil der Minsker Abkommen und trifft auf heftigen Widerstand der Ukrainer. Das zeigt: Bis zu dem endgültigen Frieden im Donbass ist freilich noch ein sehr langer Weg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin