Kommentar Völkermord-Resolution: Ein schlechter Film wird Realität
Nach der Resolution im US-Kongress zum Armenier-Genozid ist das Ansehen der USA in der Türkei so schlecht wie seit 1974 nicht mehr - ein katastrophales politisches Versagen beider Seiten.
D ie Resolution im US-Kongress zum Armenier-Genozid kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Aus türkischer Sicht wirkt sie wie eine Provokation. Denn das Ansehen der USA ist in der Türkei schon lange am Nullpunkt angelangt. Man muss schon sehr weit zurückgehen, um auf eine vergleichbar schlechte Stimmung zu stoßen - vielleicht bis 1974, als sich Washington und Ankara wegen Zypern überwarfen.
Der dramatische Niedergang in den gegenseitigen Beziehungen begann im Vorfeld des Irakkriegs. Amtlich beglaubigt wurde er, als das türkische Parlament im März 2003 den US-Truppen den Einmarsch von türkischem Territorium aus verweigerte. Als US-Truppen dann ein knappes Jahr später im Nordirak ein paar türkische Verbindungsoffiziere unter demütigenden Bedingungen gefangen nahmen, wäre manch türkischer Nationalist am liebsten schon damals dort einmarschiert, um die Schmach zu rächen. Der Film "Tal der Wölfe" brachte dieses Szenario auf die Leinwand. Nun droht es Realität zu werden.
Jürgen Gottschlich ist Türkei-Korrespondent der taz.
Jetzt hat die türkische Regierung grünes Licht für ein Vorgehen der türkischen Armee gegen die PKK im Nordirak gegeben - nach langem Zögern und trotz amerikanischer Proteste. Denn seit dem US-Einmarsch im Irak kann die kurdische PKK-Guerilla nahezu ungehindert vom Nordirak aus gegen Ziele in der Türkei operieren, ohne von der US-Armee oder den mit ihr verbündeten kurdischen Milizen daran gehindert zu werden.
Das ist ein katastrophales politisches Versagen beider Seiten. Die USA haben - aus Ignoranz oder Kalkül - ihren kurdischen Verbündeten im Nordirak erlaubt, mit der PKK-Karte zu spielen. Die türkische Regierung wiederum hat es versäumt, nach der Festnahme von PKK-Chef Öcalan die kurdische Bevölkerung durch eine wirkliche politische Neuordnung für sich zu gewinnen.
Kurzfristig ist jetzt die US-Regierung in der Pflicht. Wenn sie nicht erkennbar dazu beiträgt, in den kommenden Wochen die Attacken der PKK zu mindern, droht im Irak ein neuer Kriegsschauplatz.
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