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Kommentar Visegrád und ÖsterreichZiemlich beste Freunde

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Viktor Orbán und Sebastian Kurz wollen Europa abschotten. Mehr denn je braucht es eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik.

Sebastian Kurz (rechts) gehört für Viktor Orbán (ganz rechts) quasi dazu Foto: reuters

D ie Visegrád-Gruppe (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei) will an Migrationsgipfeln nicht teilnehmen, solange diese von der EU-Kommission organisiert werden. Erst wenn so ein Gipfel vom Rat ausgerichtet werde, könne man mit ihrer Beteiligung rechnen, so Ungarns Premier Viktor Orbán am Donnerstag nach dem Treffen mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Land am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. „Wir hoffen“, so Orbán weiter, „dass Europa nach dem Halbjahr der österreichischen Präsidentschaft stärker und sicherer sein wird“.

Für Orbán ist Österreich unter dem Konservativen Sebastian Kurz bereits informell Teil der Gruppe Visegrád plus. Orbán wie Kurz haben dem Flüchtlingsthema ihre Wahlerfolge zu verdanken. Warum sollten sie jetzt auf europäischer Ebene davon abweichen? Es gelte die EU-Außengrenzen dicht zu machen, zu „schützen“, wie die auch von den Medien übernommene Sprachregelung heißt. Was liegt da näher, als Flüchtlinge möglichst weit weg – am besten auf dem afrikanischen Kontinent – zu internieren?

Ein von Kurz propagierter Plan, der bei den Visegrád-Vier auf fruchtbaren Boden fällt. Ein populistischer dazu, wie die französische Europaministerin Nathalie Loiseau bei einem Besuch in Wien zu Recht feststellte. Die Flüchtlingsfrage sei wichtig, aber nicht das wichtigste Thema, das die EU beschäftigen sollte. Loiseau hält von solchen Lagern in Afrika nichts. Denn welches Land wäre bereit, Menschen, die nichts verbrochen haben, einzusperren? Und nach welchem Recht sollte dort über Asylanträge entschieden werden?

Der Plan der Auffanglager in Afrika zeigt vielmehr, dass es einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik bedarf. Gegen die sträubten sich Länder wie Österreich und Ungarn, solange die Initiative von der Kommission ausging und eine gerechte Verteilung von Asylsuchenden ins Auge fasste. Man kann davon ausgehen, dass die Achse Budapest-Wien-München unter Österreichs Ratsvorsitz daran arbeiten wird, eine gemeinsame Politik in ihrem Sinn zu erzwingen.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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3 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...also bitte, wieso spricht der Autor hier von einer "Achse Budapest-Wien-MÜNCHEN"?

    Wird die Politik der BRD jetzt in Bayern gemacht, oder wie darf ich das verstehen?

  • Es kann doch nicht angehen, dass man bei der Aufnahme in die EU strenge Kriterien an die Kandidaten anlegt, was etwa demokratische Strukturen, Gewaltenteilung und Einhaltung der Menschenrechte etc. betrifft und dass dies alles nach der Aufnahme in die EU überhaupt keine Rolle mehr spielen soll. Wenn sich die Visegrád-Staaten weiterhin nicht rechtsstaatlichen Standards verpflichtet fühlen und nicht konstruktiv an menschenwürdigen Lösungen der Flüchtlingsproblematik mitwirken wollen, dann stellt sich schon die Frage, was sie überhaupt noch in der EU verloren haben. Warum sagt ihnen keiner, dass die Aufnahmekriterien selbstverständlich auch nach der Aufnahme in die EU weiter einzuhalten sind? Oder war das alles sowieso niemals ernst gemeint und nur billige Show?

  • "gerechte Verteilung von Asylsuchenden" .......

     

    Jetzt mal ehrlich. Wer glaubt noch daran?

     

    Welches Land in Europa wird denn bei der "gerechten Verteilung von Asylsuchenden" in Europa mitmachen. Deutschland, ok. Aber sonst?

     

    Die osteuropäischen Ländern nehmen gar keine auf. Schweden und Dänemark, früher vielleicht Kandidaten, sind inzwischen auf voll und ganz auf Abschottungslinie. Da bleiben am Ende vielleicht eine Handvoll Länder von 28 übrig, die dann Flüchtlinge fair unter sich aufteilen können.

     

    Und wenn es so kommt, dauert es nicht mehr lange, bis auch dort überall Mini-Hitlers an der Macht sind.