Kommentar Versöhnung in Kolumbien: Das Erbe der Terrors
Dass in Kolumbien die Opfer der Farc das Wort haben, ist ungewöhnlich. Denn in vielen anderen Länder Südamerikas dominiert das Verdrängen.
B ei den Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Farc-Guerilla haben jetzt die Opfer das Wort. Das ist alles andere als normal. Denn wenn zwei Konfliktparteien ihren Frieden aushandeln, dann bleiben die Betroffenen des Konflikts in der Regel außen vor. In Kolumbien haben alle Konfliktparteien Dreck am Stecken. Rund 15 Prozent der Bevölkerung werden als direkte Opfer eingestuft. Die übrigen 85 Prozent können mühelos als indirekte Opfer bezeichnet werden. In Kolumbien lebt niemand, der oder die nicht in irgendeiner Form von dem seit 50 Jahren andauernden Konflikt betroffen ist.
Die Guerilla hat bereits zuvor Verantwortung für Gräueltaten übernommen und sich entschuldigt. Doch für die Opfer ist es ein großer Unterschied, ob solche Aussagen durch verlesene Erklärungen stattfinden oder von Angesicht zu Angesicht. Persönlich zu hören, „Ja, es war Unrecht, ja, wir bitten um Entschuldung“, bringt zwar keinen Toten zurück, aber es hat eine heilende Wirkung.
Südamerika ist geprägt von der Hinterlassenschaft gewaltsamer Auseinandersetzungen aus dem vorigen Jahrhundert. Meist gaben staatliche Terrorregimes ihre Macht an zivile Regierungen nur unter der Bedingung, dass sie für ihre Taten in keiner Weise zur Rechenschaft gezogen werden konnten oder sich gar für ihre Taten entschuldigen mussten.
So legte sich das Schweigen und das Verdrängen über die Gesellschaften von Chile, Brasilien und Paraguay. In Argentinien werden die Täter juristisch zur Verantwortung gezogen. Ein Sonderfall ist Uruguay. Dort hatten sich Guerilla und Militär nach knapp 15 Jahren Militärherrschaft stillschweigend geeinigt. Seither ist moralisch und juristisch wenig passiert. Das Beispiel darf sich in Kolumbien nicht wiederholen.
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