Kommentar Verfassungsgericht und NPD: Kein Schauprozess gegen Rechts
Das Verfassungsgericht hat klargestellt, dass es ein seriöses Verfahren gegen die NPD führen wird. Es wird eine juristische Schlacht mit ungewissem Ausgang.
D as Bundesverfassungsgericht hat den Antrag der NPD abgelehnt, ihr die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit zu bescheinigen. Ein solcher Antrag sei gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb unzulässig. Eine bloße Verbotsdiskussion müsse die NPD aushalten und könne sich an ihr ja auch beteiligen.
Damit ist keine Vorentscheidung für das eigentliche Verbotsverfahren gefallen. Das Verfassungsgericht hat eher den Stil definiert, wie es das Verfahren zu führen gedenkt: auch Beiträge der NPD werden seriös geprüft.
Viele Politiker haben den im letzten November eingereichten NPD-Antrag als bloßen PR-Gag abgetan. Nicht so die Verfassungsrichter in Karlsruhe, die ihn einige Monate lang ernsthaft erwogen haben. Es ist auch nicht abwegig, wenn eine Partei, über deren Verbot seit Jahren diskutiert wird, nun selbst eine Klärung herbeiführen will.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Das legalistische Argument dagegen ist das schwächste. Dass derartiges im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht nicht vorgesehen ist, muss kein Hindernis sein, wenn es um Verfassungsrechte geht. Und Parteien sind im Staat des Grundgesetzes nun mal besonders geschützte Akteure der gesellschaftlichen Selbstorganisation.
Besser ist der Hinweis, dass die politische Verbotsdiskussion keine Einbahnstraße ist, sondern von der NPD mitgestaltet werden kann und auch weidlich ausgenutzt wurde. Man könnte sogar sagen, die jahrelange Diskussion war nicht nur eine Belastung für die NPD, sondern auch eine Art Dauer-Werbesendung: Vergesst die gefährlichen Nationaldemokraten nicht!
Die jetzt aufgestellten Kriterien, dass eine Verbotsdiskussion nicht willkürlich losgetreten werden darf und nicht allein der Schikane einer Partei dienen soll, sind nachvollziehbar, aber im konkreten Fall irrelevant. Schließlich gibt die NPD genügend Anlass, über ein Verbot nachzudenken. Und das jahrelange Hü und Hott war kein Manöver zur Zermürbung der NPD, sondern die Folge einer Spaltung der etablierten Politik, in deren Reihen eben nur ein Teil das Verbot befürwortete und der andere es für kontraproduktiv hielt. Hier wurde Unentschlossenheit nicht vorgespielt, sondern gelebt.
Etwas absurd war das Argument der NPD, sie sei schon jetzt von einem „faktischen Parteiverbot“ betroffen, weil sie überall ausgegrenzt werde. Dabei ist ihre Auflistung in den Verfassungschutzberichten und das Berufsverbot für NPD-Kader sicher keine Folge der Partei-Verbotsdiskussion. All diese Ausgrenzungs-Mechanismen folgen ihrer eigenen Rationalität und rechtlichen Grundlage. Zurecht verlangt das Verfassungsgericht, dass die NPD gegen jede Maßnahme separat klagen muss, wenn sie nicht einverstanden ist. Aufgrund der demokratie- und menschenfeindlichen NPD-Programmatik wird die Partei damit aber natürlich keinen Erfolg haben.
Der NPD-Antrag war nun also die Ouvertüre zum angekündigten Partei-Verbotsverfahren. Die Nazi-Partei hat gezeigt, dass sie die Bühne leidlich bespielen und sich immer wieder ins Gespräch bringen kann. Das Verfassungsgericht hat seinerseits klar gemacht, dass es keinen Schauprozess gegen die NPD führen wird, sondern ein rechtsstaatliches Verfahren. Ein Verbotsverfahren wird also kein adminstrativer Spaziergang, sondern eine juristische Schlacht mit ungewissem Ausgang.
Noch hat niemand einen Verbotsantrag eingereicht, auch der Bundesrat nicht.
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