Kommentar Verfassungsbeschwerde EEG: Aufgebauschter Pseudoskandal
Sigmar Gabriel hat sich viel vorgenommen. Doch mit Widerständen – auch via Verfassungsbeschwerde – ist zu rechnen.

Man achte auf die Wasserflasche. Bild: dpa
In diesem Jahr wird die Energiewende grundsätzlich reformiert. Die Große Koalition hat sich’s so vorgenommen. Mit SPD-Vizekanzler und Energieminister Sigmar Gabriel hat sich einer das Thema unter den Nagel gerissen, der Kanzler werden will und dringend beweisen muss, dass vor seiner Inthronisierung alles unglaublich schlecht lief und erst mit ihm die wahre Wende kam.
Angesichts des zu erwartenden gabrielschen Reformfurors wird es eine blutige PR-Schlacht um den Kurs der Energiewende geben. Heißt also, dass man gut daran tut, hinter jedem Interview, jeder Studie und Exklusivstory eine Agenda zu vermuten.
Nun zum aktuellen Fall: Das Handelsblatt titelt am Montag mit der Schaudergeschichte „Geiseln der Energiewende“ und darin warnt dann ein Anwalt, dass Unternehmen eine komplette Abschaltung der Produktion droht. Der Grund: Gibt es zu viel Sonnen- und Windstrom, könnten die betriebseigenen Kraftwerke von Unternehmen womöglich kurzzeitig abgeschaltet werden müssen. Dagegen habe ein öffentlich nicht genanntes Unternehmen nun Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Nun ist es keine Frage, dass besonders energieintensive Unternehmen ein gewaltiges Problem haben, wenn ihre Anlagen stehen bleiben. Das Thema ist ernsthaft zu prüfen. Allerdings: Noch ist kein einziger derartiger Fall bekannt. Es handelt sich um eine Eventualität, aufgebauscht zu einem Pseudoskandal.
Sie lenkt vom eigentlichen Problem ab. Das besteht darin, dass immer mehr Unternehmen ihre Energie selbst produzieren und sich damit von den Netzentgelten und der EEG-Umlage zur Finanzierung der Energiewende verabschieden – auf Kosten der restlichen Verbraucher. Diese Unternehmen nun zu „Geiseln der Energiewende“ zu adeln, dazu gehört schon ziemlich viel Fantasie.
Kommentar Verfassungsbeschwerde EEG: Aufgebauschter Pseudoskandal
Sigmar Gabriel hat sich viel vorgenommen. Doch mit Widerständen – auch via Verfassungsbeschwerde – ist zu rechnen.
Man achte auf die Wasserflasche. Bild: dpa
In diesem Jahr wird die Energiewende grundsätzlich reformiert. Die Große Koalition hat sich’s so vorgenommen. Mit SPD-Vizekanzler und Energieminister Sigmar Gabriel hat sich einer das Thema unter den Nagel gerissen, der Kanzler werden will und dringend beweisen muss, dass vor seiner Inthronisierung alles unglaublich schlecht lief und erst mit ihm die wahre Wende kam.
Angesichts des zu erwartenden gabrielschen Reformfurors wird es eine blutige PR-Schlacht um den Kurs der Energiewende geben. Heißt also, dass man gut daran tut, hinter jedem Interview, jeder Studie und Exklusivstory eine Agenda zu vermuten.
Nun zum aktuellen Fall: Das Handelsblatt titelt am Montag mit der Schaudergeschichte „Geiseln der Energiewende“ und darin warnt dann ein Anwalt, dass Unternehmen eine komplette Abschaltung der Produktion droht. Der Grund: Gibt es zu viel Sonnen- und Windstrom, könnten die betriebseigenen Kraftwerke von Unternehmen womöglich kurzzeitig abgeschaltet werden müssen. Dagegen habe ein öffentlich nicht genanntes Unternehmen nun Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Nun ist es keine Frage, dass besonders energieintensive Unternehmen ein gewaltiges Problem haben, wenn ihre Anlagen stehen bleiben. Das Thema ist ernsthaft zu prüfen. Allerdings: Noch ist kein einziger derartiger Fall bekannt. Es handelt sich um eine Eventualität, aufgebauscht zu einem Pseudoskandal.
Sie lenkt vom eigentlichen Problem ab. Das besteht darin, dass immer mehr Unternehmen ihre Energie selbst produzieren und sich damit von den Netzentgelten und der EEG-Umlage zur Finanzierung der Energiewende verabschieden – auf Kosten der restlichen Verbraucher. Diese Unternehmen nun zu „Geiseln der Energiewende“ zu adeln, dazu gehört schon ziemlich viel Fantasie.
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Kommentar von
Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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