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Kommentar Veggie-ProdukttestAm Verbraucherinteresse vorbei

Tobias Pastoors
Kommentar von Tobias Pastoors

Stiftung Warentest ignoriert bei ihrem Veggi-Test, dass die Verbraucher Tiere schützen wollen. Sie empfiehlt Produkte aus konventioneller Haltung.

Hoffentlich stammen diese Produkte nicht aus konventioneller Tierhaltung Foto: dpa

Z uerst einmal ist klar: Mineralöl gehört nicht in Lebensmittel – und dass gerade die Bio-Anbieter damit negativ auffallen, ist enttäuschend. Zu Recht warnen die Verbraucherschützer vor diesen Produkten. Doch davon abgesehen ist der Test eine Enttäuschung. Denn die Stiftung Warentest ignoriert, warum die Menschen zu den Fleischalternativen greifen. Dabei hatte sie die Verbraucher sogar extra dazu befragt. Ergebnis: Zwei Drittel der Konsumenten greifen aus ethischen und moralischen Gründen zum Ersatzprodukt. Vor allem der Tierschutz ist den Konsumenten wichtig.

Den Test der Verbraucherschützer aber gewinnen dann zwei Produkte, die überwiegend aus Milch bestehen, und ein Produkt, das fast nur aus Ei besteht. Bei allen dreien kommen die Zutaten aus der konventionellen Tierhaltung, die Eier – immerhin – aus Freilandhaltung.

Vor allem der intensive Einsatz von Eiern geht am Verbraucherinteresse nach mehr Tierschutz deutlich vorbei. Denn das Problem, dass männliche Tiere keine Eier legen, konnte die Industrie noch nicht lösen. Frisch geschlüpfte Hähne sind daher für die Industrie Abfall und landen im Schredder. Und auch für die Schwestern steht der Schlachthof an, wenn die Produktivität nicht mehr reicht. So sterben für die „vegetarischen“ Frikadellen am Ende deutlich mehr Tiere als für Frikadellen aus Schweinefleisch.

Die Stiftung Warentest erwähnt all das mit keinem Wort – und empfiehlt die Produkte Verbrauchern, die laut ihrer eigenen Umfrage auf Tierschutz achten wollen. Das ist Täuschung durch Verbraucherschützer. Auch der Klima- und Umweltschutz, den sich viele vom Verzicht auf Fleisch erhoffen, findet nahezu keine Erwähnung. Um zu klären, ob die Mineralölbestandteile durch die Kunststoffverpackung oder über Schmiermittel bei der Produktion in die Lebensmittel gelangt sind, machten die Tester aufwendige Laboranalysen – eine Klimabilanz der Produkte erstellten sie nicht.

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Tobias Pastoors
Freier Journalist
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10 Kommentare

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  • "...und dass gerade die Bio-Anbieter damit negativ auffallen, ist enttäuschend".

    Das ist doch logisch: Die Biobranche, die relativ klein ist, kann sehr durchgehend kontrolliert werden, also fällt es dort statistisch gesehen am ehesten auf.

    Es ist richtig, daß der Hauptgrund auf Fleisch zu verzichten der Tierschutz ist. Da die Produktion aller anderen tierischen Produkte nicht nur in der konventionellen sondern auch in der Biobranche nur mit den damit verbundenen Tierquälereien möglich ist, ist das wahre Problem.

    Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen ist der einzige wirklich weitgehend konsequente Weg der Veganismus. Um es vorweg zu nehmen: Auch ich habe mich früher über Vegetarier und Veganer lustig gemacht. Aber Nachdenken und Ausprobieren hilft weiter, nicht nur auf diesem Gebiet. Heute lebe ich weitgehend vegan und mein ganzes körperliches Wohlbefinden hat sich dermaßen verbessert, daß ich mich fast ärgere nicht früher darauf gekommen zu sein. Wichtig ist eine ausgewogene Ernährung wie bei jeder Ernährungsart.

    Auch Stiftung -Wahrentester sind rein statistisch wohl vor Allem Fleisch- und Milchproduktesser. Die Geschmacksnerven sind daran gewöhnt. Für mich ist es deshalb nachvollziehbar daß ein Produkt mit Ei und Milch besser bewertet wird.

    Eine objektive Bewertung ist unter diesem Gesichtspunkt anzuzweifeln.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Traverso:

      Ich kann Ihnen nur in allem zustimmen, was Sie schreiben, vor allem aber darin, mich zu ärgern, dass ich nicht schon früher "vegan" geworden bin. Ich esse allerdings so gut wie nie Ersatzprodukte und hatte auch schon früher, zuerst als Omnivor und dann Vegetarier, kein Bedürfnis verspürt, die deutsche Küche in meinen täglichen Mahlzeiten zu kopieren.

       

      Viele vom "Normalkonsum" geprägte Menschen können es kaum nachvollziehen, dass einem etwa ein paar - nicht zu weich - gekochte Möhren OHNE ALLES (!) vortrefflich munden, ja dass man sogar eine "Beilage" hierzu als Affront gegen den herrlichen Geschmack empfinden würde.

       

      Der "Verzicht" bereitet - wie so oft, so auch in diesem Fall - ungeahnten Genuss. Und der Gesundheit ist er zudem über die Maße zuträglich. Das habe ich auch in überreichem Maße an mir beobachten können. Diesen Weg werde ich daher nicht wieder verlassen.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Ich kann mich ebenfalls nur anschließen: Keine Migräne mehr, kein Heuschnupfen mehr, keine Entzündungen der Atemwege mehr - seit ich meine Ernährung vor 3 1/2 Jahren auf (ca. 98 %) pflanzlich umgestellt habe. Allerdings ernähre auch ich mich gesund vegan.

         

        An die taz ein herzliches Dankeschön für den treffenden Kommentar!

    • @Traverso:

      Was? "Eine objektive Bewertung ist (...) anzuzweifeln", weil die Tester möglicherweise keine Veganer waren???

      Objektiv wären demnach nur Leute (Veganer) die ein subjektives Interesse an gewissen Testergebnissen hätten? Geht's noch? Mineralöl ist Mineralöl und hat in Lebensmitteln nichts zu suchen. Basta!

  • Na was solls, war ja nur Mineralöl. Fleisch wäre schlimmer gewesen.

  • Die Mineralöle gelangen über Papierverpackungen in die Nahrung, das ist aber bereits bekannt.

     

    Kunstoffverpackungen stehen "nur" im Verdacht Nahrung mit Bisphenol zu verunreinigen.

     

    Das wir in der Lage sind Nahrung in solchen Mengen zu produzieren ist natürlich gut. Aber für Menschen die nie einen Mangel an Nahrung erlebt haben, halt nicht erwähnenswert.

  • Je nun. Was lernen wir daraus? Auch Verbraucherschützer sind bloß Menschen. Menschen, die nicht perfekt sind und die mitunter Fehler machen. Wer sich auf sie verlässt, ist manchmal ganz genau so sehr verlassen wie der, der auf das Mitgefühl von konventionellen (Bio-)Bauern hofft.

     

    Am Ende siegt noch immer viel zu oft die Gier nach Geld und Einfluss über den Verstand und jede Menschlichkeit. Zumindest da, wo es an zwischenmenschlichen Direktkontakten fehlt. Am besten also wäre es, der Mensch vertraute vorzugsweise solchen unter seinen Mitmenschen, die er persönlich kennt und mag bzw. die ihn selber gerne mögen – oder zumindest solchen, die er notfalls höchstselbst und völlig überraschend kontrollieren kann.

     

    Wer das nicht will, weil es ihn zu sehr anstrengt in der Summe (geht schließlich nicht nur um die Sachen, die den Teller füllen), der sollte einfach sagen, was die meisten Leute heutzutage sagen wegen Überforderung: "Ist mir doch alles scheißegal!"

     

    Davon wird das Essen zwar auch nicht tierverträglicher oder auch nur gesünder, aber es schützt zumindest vor den zusätzlichen negativen Folgen von zu viel ungesundem Dauerstress.

  • Irgendwie sinnbefreit der Kommentar...Haputsache die Schuld auf andere geschoben. Schuld sind ganz alleine die nicht-Fleischesser die unbedingt daruf bestehen, dass der "Ersatz" bitteschön wie das "Original" auszusehen und zu schmecken hat. Den Mist einfach nicht kaufen und fertig.

    Das nächste Mal einfach eine Karotte braun anmalen und als Rostbratwust verkaufen. Ist garantiert ohne Mineralöl und gut für das Gewissen.

    • @charly_paganini:

      Fleisch kommt weder vom Wurst- noch vom Dönertier. Wer das weiß, der mag sich fragen, wieso dann in der Pfanne nicht das gefederte Huhn kugelt und kommt ganz eventuell zum Schluß: Vielleicht, ganz nur vielleicht hat das ja praktische Gründe!

  • Das Testergebnisse ist ähnlich wie bei Öko Test ausgefallen.