Kommentar Urteil gegen Petry: Nur ein blaues Auge

Die frühere AfD-Chefin Petry kommt vor dem Landgericht Dresden mit einer milden Geldstrafe davon – auch weil sie politisch heute keine Rolle mehr spielt.

Frauke Petry (fraktionslos) spricht während der Sitzung des Sächsischen Landtages

Glimpflich davongekommen: Frauke Petry, die frühere Bundesvorsitzende der AfD Foto: dpa

Die „Blaue“ Frauke Petry ist mit einem blauen Auge davongekommen. Eine Verurteilung wegen Meineids vor dem Landgericht Dresden bleibt ihr erspart. Vor allem deshalb, weil ihr die Strafkammer eine gewisse Blauäugigkeit bei ihrer Aussage vor dem Wahlprüfungsausschuss des Sächsischen Landtages 2015 zubilligte. Nur fahrlässige Falschaussage, obschon sie bei ihren Einlassungen damals auf die Möglichkeit einer anschließenden Vereidigung hingewiesen worden war.

Das passt eigentlich gar nicht zu einer Frauke Petry, die seinerzeit intelligent, clever und mit sicherem Machtinstinkt ihren Vorgänger Bernd Lucke an der Spitze der AfD ausgebootet hatte. 2015 schwebte sie noch auf Wolke sieben am blauen Zukunftshimmel der AfD. Sollte sie wirklich vor dem sächsischen Wahlprüfungsausschuss alle Cleverness vergessen haben?

Es ging 2014 um das innerparteiliche Erscheinungsbild einer jungen Partei, um die Art und Weise, wie sie Kandidaten für eine Wahl aufstellt, um den Verdacht des Ämterkaufs, wenn diese Kandidaten zu einer Spende für die Partei gebeten werden. Wenn sich einer dieser Kandidaten beschwerte, war auch klar, dass sich die anderen Landtagsfraktionen von CDU bis Linke auf diese Chance stürzen würden, im Wahlprüfungsausschuss die neue Konkurrentin AfD auseinanderzunehmen.

Die Taktikerin Petry hätte dem mit einer professionell vorbereiteten Aussage begegnen können. Wenn sie wirklich so ahnungslos vor dem Wahlprüfungsausschuss erschien, wie es ihr das Gericht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zubilligte, dann ist das nur mit ihrer ebenso bekannten Hochnäsigkeit und Ignoranz zu erklären. Sie hat den Ausschuss fahrlässigerweise nicht ernst genommen.

Neben solchen rückblickenden Erklärungsversuchen hält sich die Bedeutung dieses ohnehin noch vom Bundesgerichtshof zu überprüfenden Urteils in engen Grenzen. Politisch ist die Person Petry ein Auslaufmodell, und man kann der privaten Alternative einer sechsten Mutterschaft gemeinsam mit AfD-Renegat Marcus Pretzell nur das Beste wünschen. Ein „blaues Wunder“ der blauen Splitterpartei bei den sächsischen Landtagswahlen am 1.September ist jedenfalls ausgeschlossen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.