Kommentar Unterbringung von Flüchtlingen: Inszenierte Notlage
Hamburg behauptet, es könne Flüchtlinge nur in der Erstaufnahme zusammenpferchen. Dabei gibt es reichlich Raum für eine menschenwürdige Unterbringung.
M an mag es der Stadt nicht recht glauben: Hamburg behauptet, es könne Flüchtlinge nicht anders unterbringen als sie in der Erstaufnahme zusammenzupferchen oder gar in Zelten leben zu lassen. Denn es waren ja die Innenminister und -senatoren der fünf Küstenländer, die am 12. Oktober bei ihrem Treffen in Schwerin lautstark ins selbe Horn stießen wie bis dahin nur Bayern: Um den Flüchtlingsstrom zu stoppen, sollten von Menschen aus Mazedonien und Serbien wieder Visa verlangt werden.
Aus dieser Logik heraus ist es natürlich nur konsequent, Flüchtlingen ihr Unerwünschtsein möglichst konkret am eigenen Leib spüren zu lassen. Auf dass sie über in ihrer Heimat von den prekären Zuständen berichten mögen – und potenzielle Nachzügler abschrecken.
Dabei ist Raum für eine menschenwürdige Unterbringung reichlich vorhanden. Auch wenn es in Hamburg an Sozialwohnungen mangelt – längst nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für wohnungs- und zimmerlose Auszubildende und Studierende: In Hamburg stehen zurzeit rund 1,4 Millionen Quadratmeter leer: Büroräume, die in der Regel sogar über sanitäre Einrichtungen auf der Etage verfügen.
Wäre der Senat wirklich bemüht, die Notlage zu beseitigen, könnte er diesen Büro-Leerstand nutzen – und sei’s, indem er nicht genutzte, nur zum Steuersparen dienende Flächen beschlagnahmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn