Kommentar Unruhen am Tempelberg: Die Hetze des Großmuftis
Mit den Protesten gegen Metalldetektoren am Zugang zum Tempelberg handelt Jerusalems muslimische Führung völlig verantwortungslos.
M etalldetektoren gehören zum Alltag in Israel. Der Griff in die Tasche, um Kleingeld, Schlüssel und das Handy abzulegen, durch das Kontrolltor zu gehen, um anschließend alles wieder einzustecken, ist nicht nur am Flughafen längst Automatismus, sondern auch in Behörden, vielen Einkaufszentren und an den Zugängen zur Klagemauer in Jerusalems Altstadt, dem heiligsten jüdischen Pilgerort. Der Schutz der eigenen Sicherheit ist das Ziel, deshalb macht jeder mit. Fast jeder.
Am Tempelberg in Jerusalems Altstadt gibt es wieder Unruhen, lautstarke Proteste, kreischende Frauen, Rangeleien und Verhaftungen. Grund dafür ist nicht, dass am Freitag auf dem heiligen muslimischen Plateau fünf Menschen starben – fünf Araber. Die palästinensischen Muslime demonstrieren, weil Israels Polizei nach dem Anschlag Metalldetektoren aufstellte. Egal, was die israelische Regierung entscheidet, die Palästinenser müssen immer erst einmal protestieren.
Jeder soll das Recht haben, anderer Meinung zu sein, nur ist eine Demonstration nicht gleich eine Demonstration. Wenn es um den Tempelberg geht, ist die Aufregung schnell groß. Auch Mohammed Hussein, Großmufti von Jerusalem, kennt das Potential des heiligen Geländes, Konfliktsituationen eskalieren zu lassen. Sein wütender Aufruf, den Tempelberg sofort und ohne die Metalldetektoren für die Gläubigen zu öffnen, ist unverantwortlich, gefährlich und hetzerisch. Die drei Attentäter vom letzten Freitag hatten Schusswaffen bei sich. Israels Aufgabe ist es, weitere Schießereien zu verhindern, damit sich muslimische Gläubige sicher fühlen können, wenn sie zum Gebet in die Al-Aksa-Moschee gehen. Nichts anderes sollen die Metalldetektoren gewährleisten.
Schon die Straßenreiniger der Stadtverwaltung dienen dem Mufti als Indiz dafür, dass Israel den Status quo auf dem Tempelberg verändern will, wenn sie mit ihren Besen, Greifzangen und Mülltonnen auf das Areal rings um den Felsendom ziehen. Der muslimische Prediger müsste es besser wissen, denn das Gegenteil ist der Fall. Israels Regierung hält auch nach dem Attentat eisern an der geltenden Regel, die Muslimen Gebetsrechte, Juden aber nur Besuchsrechte einräumt, fest – wohl wissend, dass alles andere katastrophale Konsequenzen haben könnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!