Kommentar USA und Iran: Die Mullahs und der "große Satan"
Jüngste Äußerungen seitens der USA und dem Iran lassen auf ein Ende der Funkstille zwischen beiden Staaten hoffen. Das würde auch den Nahost-Friedensprozess voranbringen.
Andreas Zumach ist UN-Korrespondent der taz in Genf.
Wagen die USA und der Iran einen Neuanfang in ihren Beziehungen? Die jüngsten Äußerungen von Barack Obama und Mahmud Ahmadinedschad lassen vorsichtige Hoffnung zu. Doch die historischen Belastungen und Traumata, die sich in den letzten Jahrzehnten zwischen beiden Ländern angesammelt haben, sind groß. Der Sturz des gewählten Premiers Mossadegh mit Hilfe der CIA 1953 und die nachfolgende Schahdiktatur sind vielen im Iran noch sehr präsent. Die islamische Revolution von 1979, die zur Besetzung der US-Botschaft in Teheran führte, zählt für Washington zu den dunkelsten außenpolitischen Kapiteln des Landes.
Obama scheint sich der historischen Aufgabe bewusst zu sein. Seine Absicht, sich als Präsident "ohne Vorbedingungen" mit Ahmadinedschad zu treffen, war seine mit Abstand wichtigste außenpolitische Erklärung während des Wahlkampfs. Mit einem solchen Treffen wäre zumindest die halbe Strecke auf dem Weg, den Streit um das iranische Atomprogramm zu lösen, zurückgelegt.
Das ist zwar nicht im Interesse der Hardliner in Teheran, die sich durch die Konfrontation mit Washington gestärkt sehen. Doch Obama würde eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen den USA und dem Iran, der aus vielerlei Gründen gewichtigsten Regionalmacht im Nahen und Mittleren Osten, nützen. Mit Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt würde es ihm den notwendigen politischen Spielraum verschaffen, um eine gerechte Zweistaatenregelung auf Basis der Grenzen von 1967 durchzusetzen.
Das weiß auch der wahrscheinlich nächste Regierungschef Israels, Benjamin Netanjahu. Mehrfach drohte er in seinem Wahlkampf einen Militärschlag gegen iranische Nuklearanlagen an. Damit könnte er die jetzt aufkeimenden Hoffnungen freilich für lange Zeit zunichte machen.
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