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Kommentar USA und IranDie Mullahs und der "große Satan"

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Jüngste Äußerungen seitens der USA und dem Iran lassen auf ein Ende der Funkstille zwischen beiden Staaten hoffen. Das würde auch den Nahost-Friedensprozess voranbringen.

Bild: kristin flory

Andreas Zumach ist UN-Korrespondent der taz in Genf.

Wagen die USA und der Iran einen Neuanfang in ihren Beziehungen? Die jüngsten Äußerungen von Barack Obama und Mahmud Ahmadinedschad lassen vorsichtige Hoffnung zu. Doch die historischen Belastungen und Traumata, die sich in den letzten Jahrzehnten zwischen beiden Ländern angesammelt haben, sind groß. Der Sturz des gewählten Premiers Mossadegh mit Hilfe der CIA 1953 und die nachfolgende Schahdiktatur sind vielen im Iran noch sehr präsent. Die islamische Revolution von 1979, die zur Besetzung der US-Botschaft in Teheran führte, zählt für Washington zu den dunkelsten außenpolitischen Kapiteln des Landes.

Obama scheint sich der historischen Aufgabe bewusst zu sein. Seine Absicht, sich als Präsident "ohne Vorbedingungen" mit Ahmadinedschad zu treffen, war seine mit Abstand wichtigste außenpolitische Erklärung während des Wahlkampfs. Mit einem solchen Treffen wäre zumindest die halbe Strecke auf dem Weg, den Streit um das iranische Atomprogramm zu lösen, zurückgelegt.

Das ist zwar nicht im Interesse der Hardliner in Teheran, die sich durch die Konfrontation mit Washington gestärkt sehen. Doch Obama würde eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen den USA und dem Iran, der aus vielerlei Gründen gewichtigsten Regionalmacht im Nahen und Mittleren Osten, nützen. Mit Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt würde es ihm den notwendigen politischen Spielraum verschaffen, um eine gerechte Zweistaatenregelung auf Basis der Grenzen von 1967 durchzusetzen.

Das weiß auch der wahrscheinlich nächste Regierungschef Israels, Benjamin Netanjahu. Mehrfach drohte er in seinem Wahlkampf einen Militärschlag gegen iranische Nuklearanlagen an. Damit könnte er die jetzt aufkeimenden Hoffnungen freilich für lange Zeit zunichte machen.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

1 Kommentar

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  • KD
    kenner der szene

    @ redaktion

    ihre schlussfolgerung, daß das mullahregime sich auf eine normalisierung des verhältnisses mit usa einlässt, diese ist schlicht und einfach nicht realistisch. das mullahregime lebt vom chaos, warum in gottes namen sollte es eine normalsierung herbeisehnen! wo sind die vorteile für das mullahregime, sie haben mehr power als je zuvor, diese verdanken sie ihre erfolgreiche kriminelle politik und einer armseeligen bushphase von 8 jahren. sicherheitsgarantien braucht dieses system ebenfalls so wenig wie irgendwelche ersatzteile aus dem westen. solange es china, indien, russland und eine verwirrte und hetroege iran-eu-politik gibt, werden die mullahs auf normalisierungen regelrecht pfeiffen und das uas ihrer sicht zurecht.

    ich vermisse häufig bei all den debatten, dass niemand sich die mühe macht um ein täterprofil vom ir-mullahregime zu erstellen!

    die ganze zeit geht man hier von ehrlichen und geschickten politikern und vertretern eines iranischen volkes aus, die hauptsächlich ziele des eigenen landes und der eigenen bevölkerung verfolgen!

    aber sorry, die sache mit den gleichberechtigten verhandlungspartnern ist ein wenig anders! und wenn man erfolgreich verhandeln möchte, muss man auch seinen verhandlungspartner, seine entscheidungsprozesse, motivationen und ziele nach möglichkeit kennen.