Kommentar US-Korea-Gipfel: Alphamänner, die sich riechen können
Trump und Kim kommen offenbar bestens miteinander aus. Das erklärt die guten Ergebnisse. Doch der Koreakrieg ist noch nicht vorbei.
E ines jener Fernsehbilder, das vom historischen Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un im Gedächtnis bleiben wird: Als die beiden zur Unterzeichnung der gemeinsamen Stellungnahme antreten, werden sie im Hintergrund von einem guten Dutzend Flaggen eingerahmt – US-amerikanischen und nordkoreanischen Fahnen im Wechsel. Dies ist ein erstaunlicher Anblick, schließlich unterhält Washington mit Pjöngjang keinerlei diplomatische Beziehungen.
Nach einem ersten Beschnuppern beim Fototermin war schon bald klar, dass die zwei Alphamänner sich riechen können: Das signalisierte nicht zuletzt die herzliche Körpersprache und das ständige Lächeln der beiden.
Die gemeinsame Stellungnahme fiel mit vier Hauptpunkten relativ knapp und vor allem vage aus. Dass Pjöngjang auf eine “vollständige Denuklearisierung hinarbeitet“, kommt keinem konkreten Maßnahmenplan gleich. Auch die anderen Punkte wurden in vorigen Verabredungen schon einmal so festgehalten. Berücksichtigt man jedoch, dass sich Trump und Kim noch vor wenigen Monaten mit Krieg drohten, ist der Gipfel dennoch mehr als erstaunlich.
Als wesentlich spannender entpuppte sich die einstündige Pressekonferenz im Anschluss: Klar rutschte Trump passagenweise in selbstverliebte Tautologien und inkohärente Phrasendrescherei ab. Das dürften vor allem die leidgeprüften Washington-Korrespondenten bereits gewöhnt sein. Zwischendurch jedoch präsentierte Trump überraschende und klare Zugeständnisse: Dass er etwa die gemeinsamen “Kriegsspiele“ – gemeint sind die US-südkoreanischen Militärübungen – einstellen werde, solange die Gespräche mit Kim Jong Un anhalten. Dies ist ein weiterer Anreiz dafür, dass der Kommunikationsprozess tatsächlich nicht abreißt. Kim hingegen wird eine weitere Raketentestanlage schließen.
A new bromance
“Wir haben gemerkt, dass Veränderungen möglich sind. Wir hätten diesen Konflikt schon vor langer Zeit lösen sollen“, sagte Trump. Dass die Nuklearfrage nicht in einem eintägigen Gipfeltreffen gelöst werden kann, war schon im Vorhinein klar. Allerdings bleibt ein Wermutstropfen: Ein Ende des Koreakriegs hätten beide Seiten durchaus verkünden können. Dieses Ziel haben sie jedoch nur in Aussicht gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“