Kommentar Trump beendet „Dreamer“: Neues Drama, neue Spaltungen
US-Präsident Donald Trump hat das Ende des Dreamer-Programms verkündet. Das ist grausam, er spielt mit dem Schicksal von Hunderttausenden.
E s ist eine hohe Form von Niedertracht und Grausamkeit, wenn ein Präsident mit dem Schicksal von Menschen Pingpong spielt. Genau das tut Donald Trump im Augenblick mit den 800.000 jungen EinwandererInnen, die schon als Kinder in die USA gekommen sind und die nun ihre Aufenthaltsgenehmigung verlieren könnten. Diese „Dreamer“ würden so – ohne jede persönliche Verantwortung – in dem einzigen Land, das sie kennen und das sie als ihr eigenes verstehen, in die Lage von „Illegalen“ katapultiert.
Für Trump geht es dabei um seinen eigenen Machterhalt. Er schafft ein weiteres Drama und neue Spaltungen, um seine radikal rechte Basis bei Laune zu halten. Dabei appelliert er – über die Stimme seines Justizministers – an die niedersten rassistischen Instinkte und stellt Hunderttausende frei werdende Arbeitsplätze in Aussicht.
Trump widerruft DACA, weil die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat, dass der Kongress auch bei der Migrationspolitik handlungsunfähig ist. Drei Einwanderungsgesetze – mal unter dem republikanischen Präsidenten George W Bush, mal unter dem Demokraten Barack Obama – sind im Kongress kläglich gescheitert. Derweil ist die Zahl der Menschen, die ohne Papiere und ohne Rechte in den USA leben, auf rund elf Millionen angestiegen. Daher hat Obama am Ende per Dekret den Notbehelf DACA eingeführt, um zumindest die Lage der jüngsten unter den Papierlosen zu erleichtern: Jene, die als Kinder von ihren Eltern in die USA gebracht worden sind.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Trump damit verkalkuliert hat, ausgerechnet gegen die Dreamer vorzugehen. Denn sie sind die best gebildeten, best organisierten und politisch erfahrensten Einwanderer der letzten Jahrzehnte. Sie haben zwar kein Wahlrecht, aber sie haben Gehör und Einfluss bei der jungen Generation. Zudem haben sie die Rückendeckung von weiten Teilen der Latino-Bevölkerung in den USA. Dies sind laut der letzten Volkszählung etwa 50 Millionen Menschen.
Zwar sind sie keine homogene Bevölkerungsgruppe, aber sie haben Verständnis für das Schicksal der Papierlosen in den USA, fast alle kennen „Dreamer“ und fast alle sind von Trumps Rhetorik betroffen. Sollte sich auch nur ein Teil der Latinos in den USA dazu entschließen, die Dreamer aktiv zu unterstützen – zum Beispiel mit einem Streik – stände das Land still. In dem Fall käme Trumps jüngste Grausamkeit wie ein Bumerang auf ihn zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja