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Nach der „Staatskrise“ nun die „Vorstufe zum Bürgerkrieg“?
Bettina Gaus greift in letzter Zeit gerne zu den ganz großen Horror-Begriffen. Da zieht sich die erfolglose SPD-Vorsitzende zurück, schon spricht Gaus von einer „Staatskrise“. Und wenn ein rechtsradikaler Schläfer nach Jahren der Untätigkeit einen Mord begeht, dann sieht das für Gaus wie eine „Vorstufe zum Bürgerkrieg“ aus, wobei diese Einschätzung allerdings dadurch relativiert wird, dass dies für weniger gefestigte Staaten nur anzunehmen sei.
Meine Frage ist jetzt, welche Begriffe will Frau Gaus eigentlich verwenden, wenn es mal wirklich zu einer Staatkrise kommt und es in Deutschland wieder so wird wie zu Beginn der Weimarer Republik, als wirklich die Vorstufe zum Bürgerkrieg erreicht oder überschritten wurde?
Ach Frau Gaus! War diese Tat so zu erwarten und wäre sie folgerichtig zu verhindern gewesen? M.E. zieht sich ein schwarzer Faden, ausgehend von Rostock-Lichtenhagen, durch diese Republik. Hauptverantwortlich: der "Dicke", der den Mob zwei Tage toben ließ, und seine schwarzen Statthalter. Ich hoffe, dass nun endlich Schluss ist mit der Verharmlosung des Rechtsterrors und der Unterwanderung von Behörden, Bundeswehr und Polizei. Staatsbürger in Uniform sind gefragt, die Feinde des Staates konsequent bekämpfen.
Ohne Herrn Otte näher zu kennen: das beschriebene Phänomen ist nun wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal von ihm.
Zu Zeiten großer Aufgeregtheit und Hysterie der digitalen Welt erliegen wir alle diesen Versuchungen. Der einzige Unterschied zeigt sich in der Dosis und der Geschwindigkeit. Manche sind sehr schnell und oft unterwegs auf dem Holzweg, andere eher seltener.
Auch ich habe zunächst einen persönlichen Hintergrund der Tat vermutet, um mich später eines Schlechteren belehren zu lassen. Wobei auch der heutige öffentliche Kenntnisstand erst dem der Spitze eines Eisbergs entspricht.
Wahrnehmung hat viel mit Erwartungen und Vor-Annahmen zu tun.
Wetten Dass? Dabei kommt wieder einmal ein "Einzeltäter" heraus - so wie einst beim Oktoberfest-Attentat. Und der Bundesinnenminister zeigt sich wegen des Mordes deshalb erschüttert, weil es sich um einen politischen Funktionsträger handelte - so gestern auf der Pressekonferenz. Das dürfte für die Angehörigen der NSU-Morde und anderer Anschlagsopfer erneut ein Schlag ins Gesicht sein. Der Staat und seine Entourage regen sich erst dann auf, wenn seine Repräsentanten angegriffen werden. Wahrscheinlich laufen bei den Schlapphüten bereits die Reißwölfe heiß, aus Angst vor möglichen Verbindungen zum Attentäter.
'Otte hat seinen Tweet nach einigen Stunden gelöscht, als Fehler bezeichnet und sich von sich selbst distanziert.'
Dieses reaktionsmuster geht mir immer wieder auf den Keks...
@Sebas.tian Wäre Ihnen lieber gewesen, Otte hätte auch weiterhin zu seinen ersten Erklärungen gestanden?
So wird wenigstens der Anschein von Selbstreflektion und -kritik erweckt.
@76530 (Profil gelöscht) sehr gute Zusammenfassung Frau Gaus:
nicht mehr Recht und Unrecht, sondern Freund und Feind.
Danke für einen guten Beitrag.
@76530 (Profil gelöscht) LoL. Ihr Post kann aber wahrlich nur als ironisch verstanden werden.
Seine (Ottes) Einstellung hat sich nicht geändert - er is nur zu dumm gewesen um vorher darüber nachzudenken was Social Media bedeutet. Wie so viele unsere Politische Klasse.
@87233 (Profil gelöscht) Sie irren.
Mein Post kann ironisch - oder auch ernsthaft - aufgefasst werden. Mögen Sie Ihre Freude am Lachen behalten.
Im Gegensatz zu Ihnen halte ich es mit dem Motto "In dubio pro reo" und billige Herrn Otte Einsicht in seine Fehler zu.
Genauso, wie ich es Ihnen verzeihe, mit "Frau Gaus" angeschrieben zu werden.
Ich schreibe zwar gerne - und auch gut - doch als Wolfgang Leiberg. Auch weiterhin.
Nichts für ungut. Ober wie es im englischen Sprachraum heißt: Nothing for ungood.
^^
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@Sebas.tian tja - es lässt dennoch tief blicken, was Otte so spontan abgelegt hat: frei konstruiert - ein Einzeltäter - statt die Ermittlungsbehörden erst einmal ihre Arbeit machen zu lassen
@Monika Frommel Eben dass es so tief blicken lässt, ist Teil des 'auf den Keks gehen'.
:)
Kommentar Tötung von Walter Lübcke: Schlimm genug
Islamisten werden überwacht, auch wenn sie individuell nicht straffällig geworden sind. Für Rechtsextremisten scheint das nicht zu gelten.
Steht hinter dem Mord an Walter Lübcke ein rechtes Netzwerk? Foto: dpa
Was bisher im Zusammenhang mit der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke bekannt ist, ist schlimm genug. Auch ohne weitergehende Spekulationen. Unter Tatverdacht steht ein gerichtsbekannter Rechtsextremist, den der Verfassungsschutz nicht mehr auf dem Schirm hatte – obwohl es keinerlei Hinweise darauf gab, dass er seine Einstellung geändert hat.
Anders ausgedrückt: Wenn ein Rechtsextremist einige Jahre lang keine Straftaten verübt hat, dann interessiert sich der Staat nicht mehr dafür, wie er grundsätzlich zu Gewalt steht. Beruhigend für all diejenigen, die nach dem Mord an Lübcke begeisterte, widerliche Posts abgesetzt hatten. Die Verfasser müssen offenbar nichts befürchten. Sie haben ja nicht selbst geschossen.
Dabei ist bekannt, dass sich politische Morde nur sehr selten ereignen, ohne dass es ein sympathisierendes Umfeld gibt. Das im Regelfall nicht selbst gewaltbereit ist. Seit Jahrzehnten dient das ja als Rechtfertigung dafür, dass Mitglieder anderer Gruppierungen – etwa Islamisten – überwacht werden, auch wenn sie individuell nicht straffällig geworden sind. Für Rechtsextremisten scheint das nicht zu gelten, wie die Öffentlichkeit jetzt erfährt. Auf die Erklärungen dafür darf man gespannt sein.
Wie weit das sympathisierende Umfeld reicht, zeigt ein Tweet des CDU-Mitglieds Max Otte, der sich der „Werteunion“ zugehörig fühlt. „Lübcke – endlich hat der Mainstream eine neue NSU-Affäre und kann hetzen. Es sieht alles so aus, dass der Mörder ein minderbemittelter Einzeltäter war, aber die Medien hetzen jetzt schon gegen die ,rechte Szene', was immer das ist.“ Sein Hauptproblem ist die Hetze der Medien? Otte hat seinen Tweet nach einigen Stunden gelöscht, als Fehler bezeichnet und sich von sich selbst distanziert.
Das ändert nichts, gar nichts. Der Tweet drückt vor allem aus: Teile der Gesellschaft, die sich als deren Mitte verstehen, unterscheiden nur noch zwischen Verbündeten und Feinden. Nicht mehr zwischen Recht und Unrecht. In weniger gefestigten Staaten als Deutschland ist das die Vorstufe zum Bürgerkrieg.
Übrigens wirken manche Spekulationen gerade ziemlich überzeugend. Wie zum Beispiel, ob es mordende rechte Netzwerke gibt und ob der Verdächtige im Fall Lübcke dazugehört. Vieles spricht dafür, manches dagegen – und alles spricht dafür, die Ermittlungsbehörden erst einmal ihre Arbeit machen zu lassen.
Wie gesagt: Was bisher bekannt ist, ist alarmierend genug.
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Schwerpunkt Rechter Terror
Kommentar von
Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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Rechter Terror in Deutschland
Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.
■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.
■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.
■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.
■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.
■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.
■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.
■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.
■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.