Kommentar Tisa-Verhandlungen: Die Macht der Geheimnisse
Freihandel klingt nach Freiheit, dabei wird aber nur dem Lobbyismus der Großkonzerne nachgegeben. Deswegen sind die Tisa-Verhandlungen geheim.
F reihandel ist die große Mode. Derzeit sind mindestens 110 Länder daran beteiligt, über 22 regionale Abkommen zu verhandeln. Auch Deutschland ist mittenmang dabei, wobei drei Großprojekte herausstechen: Die EU plant Verträge mit den USA sowie mit Kanada; zudem wird ein weltweites Dienstleistungsabkommen angestrebt, das auf das Kürzel Tisa hört.
Freihandel klingt so schön nach Freiheit, aber tatsächlich wird dem Lobbyismus der Großkonzerne nachgegeben. Es geht um mächtige Interessen, wie bereits ein schlichtes Indiz belegt: Die Gespräche sind stets streng vertraulich. Selbst die Bundestagsabgeordneten wissen nicht, was verhandelt wird. Stattdessen werden sie von der Regierung sogar noch angelogen, wie sich jetzt bei Tisa zeigt.
Diese Geheimniskrämerei ist keineswegs üblich, obwohl die EU-Kommission und die Bundesregierung immer den Eindruck vermitteln, als würden alle internationalen Abkommen in Hinterzimmern verabredet. Doch tatsächlich verlaufen viele globale Verhandlungen extrem transparent. Der Klimaschutz ist ein Bespiel: Alle Positionspapiere und alle Beschlüsse können auf einer Internetseite eingesehen werden. Es muss also einen unappetitlichen Grund haben, wenn Handelsabkommen absolut vertraulich bleiben.
Genauso merkwürdig: Die Geheimniskrämerei passt nicht zur offiziellen Ideologie. Der Freihandel wird stets als die Inkarnation einer Win-win-Situation verkauft. Alle Beteiligen werden profitieren, lautet das Versprechen. Doch wenn nur Segnungen zu erwarten sind – warum muss man dann über sie schweigen?
Es passt nicht zu einer Demokratie, dass Verhandlungen vertraulich sind. Der Bundestag schafft sich selbst ab, wenn er diese Geheimniskrämerei weiter zulässt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!