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Kommentar SyrienVerantwortung für Syrien

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Mit dem Massaker von Hula ist der letzte Zeitpunkt gekommen, sowohl einen Bürgerkrieg wie auch eine Kriegsintervention zu verhindern. Als einzige Alternative bleibt ein Blauhelmeinsatz.

Trauer um den Vater. Bild: reuters

M it dem Massaker von Hula sind der Annan-Friedensplan für Syrien und seine Umsetzung durch 300 unbewaffnete UN-Beobachter endgültig gescheitert. Das gilt unabhängig von der endgültigen Klärung der Schuldfrage.

Waren die syrischen Regierungsstreitkräfte verantwortlich, wie der UN-Sicherheitsrat unter Verweis auf den Einsatz schwerer Waffen gegen zivile Wohngebiete einstimmig festgestellt hat, wäre das der letzte Beweis, dass das Assad-Regime den Friedensplan nicht einzuhalten gedenkt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann allerdings seriöserweise nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die endgültige Untersuchung durch die UN-Beobachter vor Ort in Hula noch ein anderes Bild ergibt: dass nämlich die bewaffneten Oppositionskräfte entgegen der Mitteilung von Annan und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon an den Sicherheitsrat doch über Mörser und Panzerfäuste verfügen und dass sie diese Waffen – wie vom Assad-Regime behauptet – gegen Zivilisten in Hula eingesetzt haben.

Egal was die Klärung der Schuldfrage ergibt: Mit dem Massaker ist der endgültig letzte Zeitpunkt gekommen, die beiden Szenarien noch zu verhindern, die für die Menschen die schlimmsten wären. Zum einen: einen landesweiten, langwierigen Bürgerkrieg mit vielleicht Hunderttausenden Todesopfern und die blutige Eskalation der Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen. Zum anderen eine Kriegsintervention der Nato wie in Libyen, die dort zwar zum Sturz des Regimes führte, aber auch mit dem Tod von mindestens 50.000 Menschen einherging.

Bild: Kristin Flory
Andreas Zumach

ist taz-Korrespondent bei den Vereinten Nationen in Genf.

Als einzige Alternative zu diesen Schreckensszenarien bleibt nach dem Scheitern des im April beschlossenen Annan-Plans nur noch ein gemeinsam von allen fünf Vetomächten des UN-Sicherheitsrats getragener und mit eigenen Truppen umgesetzter Blauhelmeinsatz in Syrien.

Dessen erklärtes Ziel muss es sein, die Kampfhandlungen zu unterbinden, die humanitäre Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und die Voraussetzungen für freie Wahlen zu schaffen. Freie Wahlen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zur Ablösung des Assad-Regimes führen würden.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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14 Kommentare

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  • P
    Popanz

    War Saddam Hussein schlechter als Assad? -,oder kann die syrische Armee sich besser wehren? Oder fehlt dem Kapital einfach das Geld was es verzockt hat? Oder warum sonst-, tut man nichts? Die Appeasement- Politik hat ja bisher nichts erreicht-, also... Die kapitalistisch geführten Länder sind zum Witz verkommen. Man hat offensichtlich für den überheblichen und nichts bringenden Afghanistan-Krieg zu viel Geld ausgegeben. Der Kapitalismus wird am Hindukusch verteidigt und das Geld wird von den Banken verzockt-, welch ein Schwachsinn!

  • S
    strooker

    Wieso sollte ein Blauhelmeinsatz die Lösung sein? Im Gegensatz zu einem Angriff der NATO, müsste ein UN-Einsatz von allen wichtigen Parteien in diesem Konflikt mitgetragen werden - was auch gut ist und Sinn macht. Dies wäre auch meiner Meinung nach besser als ein NATO-Einsatz oder Bürgerkrieg.

     

    Aber scheinbar ist das Interesse an Frieden in Syrien bei einigen Akteuren gering. Daher kann es diesen Einsatz wohl leider jetzt noch nicht geben oder es wird zumindest sehr schwierig.

     

    Ich finde es gut, dass in Kommentaren Lösungsvorschläge gemacht werden - aber ich wünsche mir auch eine realistische Einschätzung der Lage ohne vermeintliche intellektuelle Überlegenheit zur Schau zu stellen. Dies möchte ich dem Verfasser hier nun nicht vorwerfen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass es erstmal wichtiger ist überhaupt durchzublicken, was geschieht.

     

    Ich würde mich freuen, wenn die taz das Thema Syrien weiter verfolgt und auch kommentiert - dies aber mehr aus Sicht eines breiten Querschnitts der syrischen Bevölkerung tut.

  • V
    vic

    Schon richtig. Doch die Illusion erlgreicher Blauhelmeinsätze hat ja auch deutlich gelitten.

    Vielleicht sollte man es einfach nochmal probieren?

  • MW
    Moshe Weintraub

    Andreas Zumach ist einer der wenigen Stimmen der Vernunft im Westen, welche die verschiedenen Szenarien durchdenken. 95 Prozent der Medien haben sich wissentlich oder unwissentlich laengst als Propagandisten der Quataris und Saudis positioniert, ohne Kenntis der Fakten im Near East und Syrien.

    Der ganze arabische Raum ist von Diktatoren regiert oder wird nach ein paar Monaten wieder von solchen regiert werden (Egypt, Tunesia). Dass ein Grossteil der Rebellenkommander in Afghanistan/Pak ausgebildet wurden und seit 1 Jahr Irakveteranen nach Syrien einstroemen, interessiert niemand.

    Nicht Assad als Individuum ist das Problem, sondern das System der diktatorischen Despoten im arab. Raum ist das Problem, und das voellige Fehlen von demokratischen Ansaetzen in den islamischen Laendern. Islam und Demokratie sind inkompatibel, auch wenn das den vielen Linken nicht passt: siehe das Interview von Prof. em. Bassam Tibi der Uni Goettingen vom Schweizer Radio DRS 2.

    Es ist auch wahr, dass Assad selbt die Kontrolle zu 85% Probability voellig ueber den Sicherheitsapparat entglitten ist; die Aufstaendischen kann man militaerisch nicht besiegen, vorallem dann, wenn sie ausser von RU,Iran von ueberall unterstuetzt werden. Dies heisst vorallem, dass Assad nicht verstand, dass er eine politische Vereinbarung haette suchen muessen, und die Islamisten polizeilich bekaempfen muessen.

    Aber: dies war wahrscheinlich nie moeglich, denn die Saudis, Quatar und die Clintonia (nicht Bill, aber seine 'Frau'), zusammen mit dem Sarko und Cameron wollten von anfang an Regime-Change, wie George W. Bush. Assad haette den NATO Einsatz anschauen koennen: die Rebellen, die Talebs, sind und waren nicht zu besiegen. Die russischen Freunde haben ja die gleiche Erfahrung gemacht.

    Zusammenfassung: Schreckliche Ereignisse gab es in letzter Zeit immer wieder (Darfur, South Sudan, DR of Congo etc.), aber dies interessierte eigentlich fast niemanden im Westen: was in Syrien passiert, ist leider ein geopolitisches, brutales Experiment, welches den ganzen Near East involvieren wird: vielleicht werden die von den Saudis weltweit finanzierten Islamisten sich einmal auch um Saudiarabia kuemmern....., statt bloss immer nur Geldscheinchen anzunehmen.....

    die Moral von der Gschicht': Demokratie kann man einer Region nicht 'beibringen', sondern Konfliktloesung und Multiplizitaet der versch. Voelker und Ausgleich innerhalb eines Landes/Region muss erlernt werden, und dazu kann der Westen Hilfe leisten, auch wenn es dort, wo es keine Rohstoffe zu rauben gibt.

    Sarkozy's Bomben und die US Bomben im Viet Nam Krieg brachten nicht die Demokratie. In Lybia gilt jetzt die Sharia.........und Vietnam hat selbst zu einer politischen Form gefunden.

    Uebrigens: die Unterdrueckung nicht nur der Tibeter in China stoert den Westen wenig, weil China unser groesster Wirtschaftspartner ist. Wie lange dauerte es nach dem Tien-An-Men Massaker 1989 in Peking, bis die ersten westl. Firmen mit Billigung nach China pilgerten ? ...(4 Monate)

    Der Autor hat uebrigens fast 3 Jahrzehnte Erfahrungen in int. Orgs, incl. der UN......

  • J
    Jauli-Pauli

    Geh, komm mir doch nicht mit dem alten Lied, Zumach! Kenn ich doch schon:

     

    "Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen und den polnischen Agressionen gegen das Deutsche Reich Einhalt gebieten!" Usw.

     

    Immer das Gleiche: Provokation - Krise - Lösung.

     

    Provokation - Wir heizen den Syrern ein und schieben irgendwelchen Freischärlern, Mujahideen usw. Dollars und Waffen in den A..., bis sie "umpf" sagen und von selber losschießen.

     

    Krise - Die Regierung schießt zurück und trifft dabei, wen wundert's, auch mal die Zivilbevölkerung. Oh je, was machen wir denn jetzt, um die zu retten? Ach, denkt denn keiner an die Kinder?

     

    Lösung - Wir übernehmen "Verantwortung für Syrien". Mit Kriegsschiffen, Bombern und vielleicht auch ein paar Bodentruppen. Aber halt - dafür haben wir ja unsere demokratischen Freiheitskämpfer, yeah!

     

    Morgen kommt dann der Iran dran. Letztes Jahr haben wir Verantwortung für Lybien übernommen. Nächstes Jahr, was dann? Ist doch klar: Russland! Falls die nämlich so blöd sind, uns nicht schon lange vorher auszunuken. Danach vielleicht noch China, und dann: WELTHERRSCHAFT, yippie!

     

    Eine Frage: Hängen wir die Regierungschefs dieser Länder dann auch auf, wie im Irak? Oder lassen wir sie einfach nur abstechen und totprügeln, wie in Lybien?

     

    Also geh, Zumach - komm mir doch nicht mit dem alten Lied! "Verantwortung..." Übernimm als Zeitungsmensch doch erst mal selbst Verantwortung: dafür, dass man uns diese ganze Verar... erspart und das Kind endlich mal beim Namen nennt.

     

    Oder haste Angst, dass die taz dann zur Endstation deiner Karriere wird? Dabei leben wir doch in einem freien Land mit Meinungsfreiheit und freien Medien. Soviel Freiheit! Ham se mir jedenfalls in der Schule erzählt. Und jeden Tag in den Nachrichten.

     

    Und hier noch ein Gedanke zum Schmunzeln: wäre ich der Iraner, der ... Ahmadine-irgendwie, also ich hätte die Bombe schon seit zwei Jahren, und würde sie baldmöglichst auch abschießen. Dafür hätts mir schon ausgereicht, dem Westen auch nur ein halbes Jahr bei der Wahrnehmung seiner "Verantwortung" zuzugucken.

     

    Habe die Ehre!

  • EH
    Eli Herbert

    Und nun doch noch was: jetzt muss ich etwas zurücknehmen. Nämlich, dass der Westen (wie behauptet) die syrischen Rebellen /nicht/ mit Waffen unterstützt, um den Krieg anzuheizen und dadurch einen Vorwand für einen Krieg zu provozieren.

     

    Dazu ein Artikel aus dem bekannten links-kommunistischen Verschwörerblatt The Washington Post:

     

    http://www.washingtonpost.com/world/national-security/syrian-rebels-get-influx-of-arms-with-gulf-neighbors-money-us-coordination/2012/05/15/gIQAds2TSU_story.html

     

    So funktioniert der Imperialismus schon seit den Anfängen der Geschichte. Der Unterschied zu heute ist nur, dass man es zu Cäsars Zeiten nicht so verdruckst und verlogen und mit all der Medien-Gehirnwäsche (danke auch Dir, taz!) angestellt hat.

  • EH
    Eli Herbert

    Mensch, Herr Zumach! Raten Sie mal, was ich eben noch gefunden habe: ein Artikel von Ihnen selbst aus dem Jahre 1999 (10. April):

     

    http://www.dresdnerblättl.de/Ausgaben/99/07/die.htm

     

    Das waren noch Zeiten damals, als Sie in der taz so geschrieben haben. Aber ich soll jetzt wohl annehmen, dass es sich beim Annan-Friedensplan für Syrien um etwas grundsätzlich anderes handelte, um einen ganz ehrlichen und aufrichtigen Versuch, Ausgleich und Frieden zu schaffen. Und nicht etwa ebenfalls um ein Manöver, einen Kriegsvorwand zu schaffen, ähnlich wie bei den von Ihnen damals so geschassten Rambouillet-Verhandlungen 1999 mit Serbien?

     

    Über eine kurze Stellungnahme hier würde ich mich sehr freuen - danke schon mal.

  • EH
    Eli Herbert

    PS. Habe ich ganz vergessen: die Verbindung zwischen den "Volksaufständen" in Libyen und Syrien sind nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch und handfest:

     

    http://www.heise.de/tp/artikel/36/36694/1.html

     

    Und hier noch ein nachgereichter Link zur Finanzierung der "Freiheitskämpfer", mit weiteren Belegen im Artikel:

     

    http://www.heise.de/tp/blogs/8/151731

     

    Jetzt mal ganz ernst gefragt: wenn ich durch Köln-Kalk, Halle-Silberhöhe, Berlin-Kreuzberg oder durch die blühenden Landschaften Ostdeutschlands spazieren und dabei allen Unzufriedenen mit hunderten Millionen Dollar zuwinken würde: wie lange würde es dauern, bis auch ich ein paar tausend "Freiheitskämpfer" beisammen hätte? Aber das Problem würde die deutsche Regierung dann natürlich rein rechtstaatlich und humanitär einwandfrei bewältigen, selbst wenn sich an meinen Grenzen die Amerikaner oder Russen bereits einmarschbereit machen. Was wetten wir?

     

    Oder bin ich vielleicht der einzige, der das so sieht?

  • EH
    Eli Herbert

    "Verantwortung für Syrien"; "Mit dem Massaker von Hula sind der Annan-Friedensplan für Syrien und seine Umsetzung durch 300 unbewaffnete UN-Beobachter endgültig gescheitert."

     

    Ich ärgere mich über diesen Kommentar, der eine Meinung zum Ausdruck bringt, die brav auf der Linie der westlichen Destabilisierungsstrategie gegenüber Syrien liegt. Wie schon letztes Jahr in Libyen, so wurde nun auch in Syrien ein Bürgerkrieg provoziert, indem der Westen den syrischen Rebellen jede erdenkliche Hilfe zukommen lässt, außer (angeblich) Waffenlieferungen. Dafür durften die arabischen Satellitenstaaten der Amerikaner am Golf diesen ach so spontanen Volksaufstand mit hunderten Millionen Dollar finanzieren.

     

    Daraufhin tut die syrische Regierung das, wozu jede Regierung gewählt wird und verpflichtet ist: den Aufstand bekämpfen und versuchen, das Land wieder unter Kontrolle zu bringen. Also warten und heizen wir den Konflikt solange an, bis Regierungstruppen irgendwann mal auch die eigene Zivilbevölkerung treffen - irgendwann muss das ja kommen in einem Bürgerkrieg. Dafür haben wir die Party ja geworfen. Außerdem: es ist alles andere als sicher, dass das ganze Ausmaß dieses Massakers wirklich nur auf die Regierung zurückgeht; die Russen haben schon Zweifel daran angemeldet und gefordert, dass auch die Rolle der Opposition dabei untersucht werden müsse. Ach ja: die bösen, hinterhältigen Russen! Habe ich vergessen, sorry!

     

    "Der Annan-Friedensplan [ist] ... endgültig gescheitert" - und das war ja auch sein Sinn, denn jetzt hat man endlich den schon seit langem gesuchten Kriegsgrund. Das erinnert mich an die Verhandlungen von Rambouillet 1999 mit bzw. gegen Serbien - die sollten auch keinen Frieden gewährleisten, sondern nur einen Vorwand für den NATO-Krieg gegen das Land liefern. Nachzulesen u. a. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Rambouillet

     

    Wie wird der kommende westliche Militärangriff jetzt wohl heißen? "Schaffung eines humanitären Korridors"? In Libyen nannte sich der NATO-Luftkrieg "UN-Flugverbotszone". Am Ende wurde der Regierungschef mit einem Messer zu Tode sodomisiert, und aus dem ehemals wohlhabendsten Land Afrikas ist jetzt eine düstere, elende Anarchie geworden. Bei uns lief dieser Film letztes Jahr als unsere "Verantwortung für Libyen".

     

    Wie dem auch sei: es gab mal eine Zeit, da hätte die taz-Berichterstattung über diesen kommenden Krieg ganz anders ausgesehen; da hätte es kein braves Kommentieren entlang der Deutungsstrategie der Kriegshetzer gegeben. Hier zwei sehr kluge analytische Artikel, die man in früheren Zeiten mal in der taz hätte erwarten können:

     

    http://www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/37/37012/1.html

    http://www.jungewelt.de/2012/05-29/026.php

  • X
    XYZ

    Blauhelme funktionieren. Wenn es darum geht, einen Waffenstillstand zu überwachen. Sie taugen nicht dazu, sich in einen aktiven Konflikt einzumischen und diesen zu befrieden.

  • A
    Adam

    Was für eine schöne Idee - Blauhelme. Natürlich wäre das die vernünftigste, die einzig vernünftige, Lösung. Aber wer will die schon? Die sunnitischen Islamisten, die Syrien von den gottlosen Alawiten und Shiiten befreien wollen, um einen Gottesstaat a la Saudiarabien zu errichten? Die Herrscher in Riad und Katar, die alles tun, um Iran zu schwächen? Der Kriegsgeile David Cameron, der zu Hause in den Seilen hängt (worüber die deutschen Medien fein schweigen) und der deshalb dringend einen Krieg braucht? Der "Sozialist" Hollande?

    Die einzigen, die noch kalte Füße haben, sind die Israelis und Obama. Ansonsten wäre der nächste Libyen-Einsatz schon da.

  • S
    suri

    @Zumach

    was halten Sie von der Idee, die Waffenlieferungen an Terroristen, die seitens Katar, Saudi, Israel und Nato über Jordanien, Türkei und Nordlibanon stattfindet zu unterbinden anstatt wie von Westen vorangetrieben wird eine Regime Change durch zu bomben.

  • P
    Pazifist

    Die UNO sollte dort nicht eingreifen. Und ich hoffe auch das unsere Regierung keine Soldaten dort opfern wird, glücklicherweise haben wir ja noch schwarz-gelb. Unter einer rot-grünen Regierung wären wir wohl schon längst dort, siehe Kosovo und Afghanistan.

  • HS
    Hari Seldon

    @zumach

     

    1. Die UN ist keine Weltpolizei. Ausserdem wollen einige Mitglieder der UN-Sicherheitsrat im trüben Wasser fischen, und tragen wesentliche Verantwortung für die Eskalation der Situation (Waffenlieferungen trotz der eigenen Waffenembargo (genau wie in Libyen), Kriegshetzen und Lügen, offene Unterstützung der Rebellen(die überhaupt nicht demokratisch sind), usw.). Der Massaker in Hula war eine gut organisierte Provokation, und die Zurückhaltung der UN-Beobachtermission war/ist kein Zufall.

     

    2. Es gab mehrmahls Wahlen in Syrien in den letzten Monaten und Wochen, und ganz "zufälligerweise" konnte man nichts über diese Wahlen in den westlichen Mainstream-Medien lesen/hören. Es ist kein Wunder: Die Fakten passen nicht ins Kram. Sogar die Meinungsforscher aus Katar (kein Freund von Assad) mussten feststellen, dass mehr als 60% der Bevölkerung hinter Assad steht. Es ist kein Zufall, dass die Opposition keine Wahlen will (genau wie in Libyen). Die UN-Beobactermission schreibt zum Beispiel über 10-15% Abtrünnigen in Homs (die wichtigste Ortschaft der Rebellen): Sogar in Homs sind die Rebellen in Minderheit, und Sie empfehlen, dass die UN zu Gunsten von dieser Minderheit und bewaffneten Terrorbanden eingreifen sollte: Es ist wirklich "Demokratie" hoch 5.

     

    2. In Libyen war das "Ergebnis" der NATO-Terrorangriffen: 2% der Bevölkerung ist tot (wie ca. 1,7-1,8 Mio Todesopfer in Deutschland), das Land ist zerstört, und wird gerade ausgeraubt, usw. Bitte, wer will eine solche "Befreiung"? Die Bevölkerung in Syrien ganz sicher nicht, sondern gewisse Interessengruppen (Sie können drei mal raten, um welche Interessengruppen hier geht).

     

    4. Last but not least, bitte, erlauben Sie mir ein Zitat aus einem TAZ-Leserbeitrag:

     

    "Journalismus ist, wenn der Autor Fakten recherchiert und er und der Leser sich danach auf dieser soliden Grundlage eine Meinung bilden.

     

    Propaganda ist, wenn der Autor von einer vorgefassten Meinung ausgeht und die Fakten so auswählt, präsentiert oder sogar verfälscht, damit sie diese Meinung bestätigen".

     

    Auf Basis von Ihrem Artikel stellt sich die Frage sofort: Sind Sie ein Journalist, oder ein Propagandist für gewisse Interessengruppen?

     

    Das Problem in Syrien ist nicht Assad (in Libanon gibt es einen anderen Präsident, trotzdem gibt es Kämpfe). Das Problem der Westen (US, usw.) mit Assad, dass er kein bequemer Vasall ist (das gleiche Problem wie mit Putin). Assad muss die Interesse der Bevölkerung vertreten, und nicht die Interesse von einigen ausländischen Interessengruppen. Nur zu Ihrer Info: Die ersten Ausschreibungen aus den Ölmonarchien für die Konsolidierung von gewissen Industriezweigen wie Transportation, Telekommunikation, usw. für die "nach Assad-Zeiten" sind schon verteilt. Hier spricht die Kohle, und nicht die Menschenrechte oder Demokratie. Bitte, was meinen Sie, warum bezahlen die Ölmonarchen Besoldung für die Rebellen (damit sind die Rebellen fremdfinanzierte Söldner)? Bitte, was würden Sie berichten, falls einige fremde Mächte zehntausende von Söldnern in Deutschland bezahlen würden, und wegen "fehlenden Menschenrechten" den Umsturz der Bundesregierung verlangen würden? Natürlich würde der Investment im Vorfeld durchgerechnet: Nach einem Sieg könnte man die Ausgaben (wie Besoldung der Söldner) aus der Beute locker finanzieren.

     

    Fazit: Syrien ist ein unabhängiger Staat, und sollte selbst die eigenen Problemen lösen. Jede fremde Einfluß und Intervention würde die Situation nur verschärfen.