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Kommentar SüdkoreaWeizen statt Waffen

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Auf der koreanischen Halbinsel finden wieder einmal Militärmanöver statt. Und das, obwohl der Papst gerade da ist und Frieden verkündet.

Es ist ja auch zum Heulen. Der Frieden wird immer wieder gefährdet. Bild: dpa

W as für ein makabrer Kontrast: Papst Franziskus wirbt in Seoul beim Abschlussgottesdienst seiner fünftägigen Südkorea-Reise vor Hunderten Christen um Aussöhnung und Frieden auf der koreanischen Halbinsel. Auch Südkoreas konservative Präsidentin Park Geun Hye ist dabei und betet mit.

Zeitgleich erteilt sie den Befehl für das gemeinsame jährliche Militärmanöver mit den USA. Parks Geste des Friedens und Aussöhnung besteht in Wirklichkeit aus Drohgebärden und Einschüchterung. Zwar soll die zehntägige Militärübung hauptsächlich an Computern stattfinden und lediglich die "Reaktion auf einen möglichen atomaren Angriff" simulieren, wie die südkoreanische Führung betont. Dennoch nehmen an dieser Übung zehntausende südkoreanische und US-amerikanische Soldaten teil. Sie sollen in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt werden, um auf "provokative Akte" Nordkoreas entschlossen reagieren zu können.

Dabei sollten sowohl die USA als auch Südkorea wissen: Den ohnehin nervösen Diktator Kim Yong-Un treiben Militärübungen dieser Art in den Wahnsinn und machen ihn noch gefährlicher. Zwar provoziert auch er ohne Zutun von Außen, erst vergangene Woche hat er - unmittelbar vor Ankunft des Papstes - drei Raketen gen Süden in die Luft feuern lassen. Wie schon die vielen anderen Geschosse der vergangenen Monaten stürzten auch sie irgendwo im offenen Meer ab. An einen wirklichen Krieg ist Kim Jong-Un aber nicht interessiert. Er würde es nicht überleben.

Sicherlich, das Regime in Pjöngjang bleibt unberechenbar. Und das Ziel der atomaren Bewaffung ist real. Doch wäre dem Ziel des Friedens und der Aussöhnung auf der koreanischen Halbinsel mehr gedient, die Lebensmittelhilfe für das völlig abgewirtschaftete Land wieder zu verstärken, als mit noch mehr Waffen den jungen Diktator unter Druck zu setzen. Präsidentin Park könnte dann glaubwürdig der Messe von Papst Franziskus beiwohnen.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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3 Kommentare

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  • Kim Jung-dun heißt der Diktator.:-)

  • Widersprüchlicher kann der Kommentar kaum sein. Einerseits wird behauptet, Kim sei unberechenbar, andererseits wird behauptet, er würde niemals Kopf und Kragen riskieren. Das Regime provoziert derweil militärisch (soweit man das Versenken gegnerischer Korvetten und den Artilleriebeschuss ziviler Siedlungsgebiete noch als Provokation bezeichnen kann) und bewaffnet sich atomar. Den "jungen Diktator", der seine politischen Gegner schon jetzt skrupellos in Gulags schickt oder gleich massakrieren lässt, sollte man wohl besser noch ein wenig reifer und gefestigter in seiner Herrschaft werden lassen um ihn nicht "herauszufordern". Geht's noch?

     

    Seit Ende des Kalten Krieges hat der Norden seine Provokationen wiederholt dazu genutzt, um in Verhandlungen Zugeständnisse vom Süden und den USA zu erlangen (bis hin zum Bau von Leichtwasserreaktoren), nur um die Vereinbarungen später wieder zu unterlaufen. Diese Politik ist Teil der nordkoreanischen Strategie, sich politische Handlungsspielräume zwischen Peking und Washington (vormals Peking und Moskau) zu eröffnen und damit das Überleben der dynastische Züge annehmenden Willkürherrschaft der Kims und der politischen Elite im Land zu sichern, einer Willkürherrschaft, die vor allem auf der brutalen Ausbeutung der nordkoreanischen Bauern und Arbeiter beruht.

     

    Die Verteilung von Lebensmitteln, u.a. aus Lebensmittelhilfe, stärkt den parteistaatlichen Kontrollapparat und ändert nichts an den politischen Verhältnissen im Land. Dennoch stellte der Rest der Welt einschl. USA aus humanitären Gründen beinahe jährlich Lebensmittelhilfe zur Verfügung. Die Forderungen des Autors sind diesbezüglich längst erfüllt. Aber, um des Friedens willen, lasst uns bloß keine Computersimulation zur Abwehr eines Atomschlages durchführen!

    • @Li Dazhao:

      Stimmt,der Artikel ist recht widersprüchlich u unverständlich. Aber ich habe noch einen kleinen Einwand, ich habe habe vor ein paar Monaten einen Artikel von Eun- Jeung Lee, Prof in Berlin, gelesen, der die scheinbare Absurdität des Handelns der Kims etwas verständlicher macht. Sie wies darauf hin, dass NK Anfang der 90er bestrebt war aus der Isolation zu kommen und einen Friedensvertrag mit den USA zu erreichen, bis jetzt gibt es ja nur einen Waffenstillstand, die USA aber hatten Signale gegeben, dass sie eher an einem Regime- Change interessiert sind, daher dann auch der Rückgriff auf die Atombombe um sich unangreifbar zu machen. Das Spiel des Hin u Hers zw Annäherung bzw Verhandlung und Entfernung bzw Wiederaufnahme d Urananreicherung wirkt reichlich bizarr, so wie die Familie der Kims. Aber das fehlende Angebot eines Friedensvertrages hat die Isolation definitiv vertieft, hinzu kommt, dass die Kims wissen, dass Sie in einem (wiedervereinten) demokrat. (N)Korea, in dem sie das Zepter abgeben sich wohl nicht sehr lange ihrer Freiheit erfreuen könnten. Daher wollen Sie Garantien, sie bekommen Sie nicht, da ein solcher Kuhhandel gg das freiheitl-rechtstaatl Verständnis des Westens wäre (oder vllcht auch gg die S- Koreanische politische Linie). So geht dieser bizarre Eiertanz eben weiter, und die nordkorean Bevölkerung leidet weiter! Ein Friedensvertrag und eine Bestandsgarantie des Regimes (keine Garantie ist für die Ewigkeit, irgendwann verschwinden auch die Kims!) u ein Herausholen aus der (auch zu einem guten Teil selbsterzeugten) Isolation würde mglw. eine überzeugendere Chance als alle bisherigen Anläufe auf eine schrittweise Öffnung (u schließliche Desintegration des Regimes - aber von innen heraus) bieten. Aber solange das Regime einen gewaltsamen Sturz à la S. Hussein fürchten muss (auch wenn der aktuelle Präsident dies vllcht nicht will, aber wer weiß welche Ereignisse u Chancen sich einem zukünft bieten) geht es so weiter.