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Kommentar SteuerstreitHinter Westerwelles Nebelkerzen

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Ausgelöst hat's die unselige Hartz-IV-Debatte: Als Guido Westerwelle klar wurde, dass er in Sachen "Mehr Netto vom Brutto" allein auf weiter Flur steht, zündete er ein paar Nebelkerzen.

I st die FDP unversehens eingeknickt im Dauerhickhack um Steuersenkungen? Diese Frage drängt sich auf, wer die Schlagzeilen der vergangenen Tage verfolgt. Auch konservativen Leitmedien wie Welt und FAZ scheint erst jetzt vollends klar zu werden, woran die Freidemokraten bereits seit Wochen werkeln: am Versuch, möglichst geschmeidig längst verlorene Posten in der Steuerdebatte zu räumen. Die langfristigen Kosten dieses Coups dürften allerdings hoch sein.

Seit Jahresbeginn haben FDP-Politiker erstaunliche Begabungen gezeigt, wenn es darum ging, ihren Rückzug auf Raten als Standfestigkeit zu verkaufen. Aus der Forderung nach drei Stufen bei der Einkommensteuer wurde die Ansage, vier oder fünf seien doch auch ganz hübsch. Das Ziel, die Steuern um 24 Milliarden Euro zu senken, wurde abgelöst von der Erkenntnis, man könne ja die bereits in Kraft getretenen Steuersenkungen in diese Summe einberechnen. Nun zeigt sich die FDP "offen", ob "Steuervereinfachungen" 2011 oder später kommen.

Diesen Rückzug hat ausgerechnet die unselige Hartz-IV-Debatte eingeläutet. Als Guido Westerwelle klar wurde, dass er in Sachen "Mehr Netto vom Brutto" allein auf weiter Flur steht, zündete er ein paar rhetorische Nebelkerzen. Hinter deren Rauchschwaden versteckt, konnte seine Partei den stillen Rückzug vom Schlachtfeld des Steuerstreits antreten.

Bild: taz

Matthias Lohre ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz, dort zuständig für die FDP und Bündnis 90/Die Grünen.

Wie so oft hat Westerwelle auch diesmal vor allem an den kurzfristigen eigenen Vorteil gedacht, nicht an die möglichen langfristigen Schäden. Seine Taktik, die auf das Schüren gesellschaftlicher Konflikte setzt, wird - auch angesichts ihres Erfolgs in der Steuerfrage - Nachahmer finden. Dadurch hat Westerwelle der politischen Kultur einen kaum zu ermessenden Schaden zugefügt. Angesichts dessen wirkt der Streit um Delegationsmitglieder auf Auslandsreisen winzig.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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1 Kommentar

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  • HM
    Herr M.

    Ich stell mir hier die Frage: ist das noch Politik was Herr Westerwelle dort betreibt?

    Werden durch seine Aussagen nun wirklich Dinge verändert, oder zumindest angegangen?

    Oder bleibt es bei „Das wird man sagen dürfen“?

    Merkwürdig das sich eine sog. Partei des Mittelstandes Stammtischaussagen bedient.

    Wo bleibt die Kompetenz?