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Kommentar Stellenkürzungen bei SiemensAngriff gegen die eigene Elite

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Bei Siemens sollen 15.000 Stellen wegfallen. Das Besondere: Es trifft auch das mittlere Management. Der Generalangriff auf die eigene Chefelite ist völlig neu.

1 5.000 Stellen will Siemens streichen. Diese Nachricht allein kann noch nicht überraschen, denn auch BMW und die Telekom kündigen einen Stellenabbau an. Es gehört zum Standardrepertoire eines jeden Managers, seinen Aktienkurs aufzubessern, indem er Kürzungen bei der Belegschaft anpeilt.

Doch der Fall Siemens ist besonders: Der Stellenabbau soll auch das mittlere Management treffen. Es wird schlicht für überflüssig erklärt und darf sich von Siemens-Chef Löscher anhören, es sei eine "Lehmschicht". Also zäh und unbeweglich. Kurz zuvor hatte Löscher bereits kritisiert, das Siemens-Management sei ohnehin zu deutsch und zu männlich.

Der Generalangriff auf die eigene Chefelite ist völlig neu. Zwar ist es schon vorgekommen, dass Manager andere Manager kritisierten - aber stets nur, um sie als bedauerliche Einzelfälle hinzustellen. So war es etwa beim Skandal um die Steuerhinterziehung des Ex-Post-Chefs Zumwinkel: Die Standesgenossen äußerten sich entsetzt, stempelten ihn aber schnell zu einer seltenen Ausnahme ab. Kanzler Schröder wiederum richtete einst eine "Corporate Governance"-Kommission ein, um die Arbeit von Vorständen und Aufsichtsräten zu verbessern. Doch das Gremium besteht nur aus Managern. Chefs - so die Idee dahinter - wissen am besten, wie Chefs sein sollten.

In diese Selbstzufriedenheit der deutschen Manager platzt jetzt der Österreicher Löscher hinein. Seine Rhetorik mag zwar brachial klingen, aber sie trifft die Stimmung außerhalb der Chefetagen. In der Bevölkerung macht sich längst Unmut darüber breit, dass die Leistungsgesellschaft ein Mythos ist und hochbezahlter Manager nur werden kann, wer die richtigen Eltern hat. Schließlich entstammen die Chefs fast immer der schmalen Schicht des gehobenen Bürgertums.

Noch sind die Siemens-Pläne nicht konkret. Und vielleicht belässt es Löscher auch bei rein symbolischer Rhetorik. Trotzdem dürfte es langfristig politische Folgen haben, dass er die Manager so entzaubert hat.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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